Kirchenjahr
Inhalt dieses Beitrags zum Kirchenjahr
Zeit vergeht und läuft im Kreis
Das Kirchenjahr
Wenn ich hier von Kirchenjahr schreibe, dann meine ich vor allem das evangelische Kirchenjahr. Allerdings sind die Grundzüge mit dem katholischen und auch dem orthodoxen Kirchenjahr vergleichbar.
Im Kirchenjahr sind die jährlich sich wiederholenden Feste der Kirche geordnet und in eine Abfolge gebracht. Diese Ordnung ist vor allem wichtig für die liturgischen Feiern – Gottesdienste, Andachten usw. Allerdings habe ich selbst die Erfahrung gemacht, dass die Themen des Kirchenjahres hilfreiche Anstöße für ein gutes und glückliches Leben bieten. So denke ich, dass es auch im alltäglichen Leben Sinn macht, die Anregungen zu beachten, darüber nachzudenken und in den Alltag zu integrieren. Dazu möchte ich in meinen Beiträgen Informationen und Hilfestellung geben.
Kirchenjahr und Zeit
Das Kirchenjahr hat sehr viel mit unserer Zeiterfahrung zu tun.
Zeit vergeht und läuft im Kreis
Wir kennen heute Zeit vor allem als vergehende Zeit. Wir schauen auf die Uhr und sagen: „Was? Schon so spät…“ Wir öffnen den Terminkalender und wissen, was wir noch wann auf dem Plan haben. Wir denken: „Wenn erst Sommer ist, dann kann ich im Urlaub endlich mal entspannen.“ Letztlich ist auch der Tod in den Zeitablauf unseres Lebens eingebunden – auch wenn es dann unser letzter Termin ist.
Es gibt aber noch ganz andere Möglichkeiten die Zeit in unserem Leben zu sehen. Meist ist uns das nicht so bewusst, es sei denn, wir haben damit in irgendeiner Form direkt zu tun.
Wir können die Zeit zum Beispiel zielgerichtet betrachten (wie oben beschrieben), aber auch zyklisch. Das tun unter anderem Bauern sehr stark, wenn sie jährlich wiederkehrend (zyklischen) Saat und Ernte erleben. Im Kirchenjahr spielt diese Betrachtung in Kreisläufen eine wichtige Rolle. Alle Feste und Sonntag wiederholen sich jährlich. Das bäuerliche Jahr mit Jahreszeiten, Saat und Ernte etc. ist deshalb auch eng mit dem Kirchenjahr verbunden – am greifbarsten im Erntedankfest.
Kairos und Chronos
Eine weitere Form, Zeit zu erleben, lässt sich mit den griechischen Worten Kairos und Chronos beschreiben. Dazu habe ich in dem Beitrag „Lebenszeit“ mehr geschrieben. Chronos ist auch ein Begriff für die vergehende Zeit, die eben chronologisch abläuft. Kairos ist dagegen der Zeitpunkt, an dem sich etwas Besonderes ereignet. Manchmal vergehen unsere Tage im Einerlei des Alltags (Chronos) und dann gibt es ein Ereignis, dass uns plötzlich in einem Moment glücklich (vielleicht die „Liebe auf den ersten Blick“) oder tieftraurig (vielleicht die Diagnose einer schweren Krankheit) macht oder uns in anderer Weise im Gedächtnis bleibt. Solche Momente nennen wir Kairos.
In der Bibel sind das vor allem auch Momente, in denen Gott in der Welt und im Leben eines Menschen spürbar wird. Es sind auch die besonderen Punkte im Wirken und Reden Jesu. An diese sozusagen spirituellen Kairos-Momente erinnern uns die Feste im Laufe des Kirchenjahres.
Sonnen- und Mondjahr
Auch in unserer normalen Zeitrechnung überschneiden sich noch zwei unterschiedliche Zusammenhänge: Das Sonnenjahr und das Mondjahr. Die Sonne bestimmt unsere übliche Chronologie mit den 365 Tagen eines Jahres und mit den Jahreszeiten. Das Mondjahr dagegen spielt für viele eine Rolle mit dem Wechsel von Neu- und Vollmond oder der Gezeiten Ebbe und Flut.
Auch im Kirchenjahr kommen diese beiden zusammen. Später mehr dazu, hier nur so viel: Der Termin von Weihnachten wird vom Sonnenjahr bestimmt, der Termin von Ostern dagegen vom Mondjahr.
Der Sonntag
Im Zentrum des Kirchenjahres stehen die Sonntage! Ja, das ist tatsächlich so! Nicht Weihnachten oder Ostern oder sonst ein bekanntes Fest ist der Mittelpunkt des Kirchenjahres. Der Sonntag war der allererste „Feiertag“, den die frühen Christen regelmäßig begangen haben. Das hat vor allem zwei Gründe:
- Die ersten Christen waren Juden, die sowieso schon den Sabbat hielten. Der siebte Tag der Woche erinnerte an den „siebten Tag“ der Schöpfung. Als Tag, an dem Gott von den Werken der Schöpfung ruhte, soll auch der Mensch Ruhe haben von der Arbeit und dem Alltag. Der jüdische Sabbat ist unser Samstag.
- Die Auferstehung Jesu von den Toten geschah nach den Berichten der Evangelien am „ersten Tag der Woche“, also im damaligen Israel am Tag nach dem Sabbat, also am Sonntag. Die ersten Christen feierten ihre ersten Gottesdienste zur Erinnerung oder besser zur Feier der Auferstehung deshalb am Sonntag (was damals noch ein Arbeitstag war). Als dann später das Christentum zur Staatsreligion des römischen Reiches wurde, wurde der Sonntag arbeitsfrei und dem Gottesdienst und der Ruhe gewidmet.
- Dreh- und Angelpunkt der Feiern am Sonntag und vor allem der Erinnerung an Jesus war das Abendmahl. Im Abendmahl vergewisserten sich die Christen der Gegenwart Gottes und erlebten die neue Gemeinschaft im gemeinsamen Glauben. Schade, dass die evangelische Kirche das nicht mehr so verwirklicht und nur noch relativ selten Abendmahl im Gottesdienst integriert.
Kirchenjahr
Dieser Beitrag ist ein Überblick über das Thema Kirchenjahr.
Wochenspruch
Ein Unterthema zu Kirchenjahr sind die Wochensprüche.
Spiritualität
Mit den Themen Kirche und Bibel bildet Kirchenjahr den Bereich Spiritualität.
Übersicht
Infos über alle Themen meines Blogs findest Du auf der Übersichtsseite.
Struktur des Kirchenjahres
Das Kirchenjahr besteht im Wesentlichen aus zwei Festkreisen, die zu einem Jahreszyklus zusammengefügt wurden.
Osterfestkreis
Das älteste christliche Hochfest ist Ostern. Da Jesus nach den Berichten in den Evangelien in der Zeit des jüdischen Passafestes gekreuzigt und auferweckt wurde, richtet sich der Ostertermin auch in etwa nach dem Termin des Passafestes. Im Jahr 325 wurde auf dem Konzil von Nicäa (eine Art „Kirchenparlament“) der Termin endgültig festgelegt: Ostern wird seitdem am Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling gefeiert.
Zunächst entwickelte sich dann um den Ostersonntag herum die Festwoche mit Palmsonntag (Einzug Jesu in Jerusalem), Gründonnerstag (das letzte Abendmahl) und Karfreitag (Kreuzigung Jesu). In der Zeit nach Ostern schließt sich eine siebenwöchige Festzeit an, die mit einem großen Fest abgeschlossen wurde. Da dieser Abschluss mit der „Ausgießung des Heiligen Geistes“ thematisch verbunden wurde, entwickelte sich daraus unser Pfingstfest. Vor den Ostersonntag beging man eine Fasten- und Bußzeit, in der sich die Gläubigen auf das Fest vorbereiten sollten.
Auf diese Weise entstand im Laufe der Zeit der sogenannte Osterfestkreis wie wir ihn heute im Kirchenjahr kennen.
Weihnachtsfestkreis
Ähnlich entwickelte sich der Weihnachtsfestkreis ausgehend vom Weihnachtsfest. Allerdings wurde erst im 4. Jahrhundert das Fest der Geburt Jesu regelmäßig am 25. Dezember begangen. In der östlichen Kirche (später orthodoxe Kirche) entwickelte sich etwas früher das Epiphaniasfest (Epiphanie = Erscheinung Gottes in Jesus in der Welt) am 6. Januar.
Wenn ich heute frage, wann Weihnachten ist, dann lautet die Antwort oft: Am 24. Dezember. Das ist aber nicht richtig! Weihnachten ist am 25. Dezember! Der Abend vor Weihnachten wird als Heiliger Abend gefeiert in der Vorfreude auf die Geburt des Christkindes.
Auch um Weihnachten herum ordneten sich verschiedene Festzeiten an. Vor Weihnachten gibt es die Adventszeit mit den vier Adventssonntagen. Ursprünglich waren auch diese vier Wochen eine Bußzeit zur Vorbereitung auf das Hochfest. Die Woche nach Weihnachten enthält Gedenktage im Zusammenhang mit der Geburt Jesu („Unschuldige Kinder“, „Heilige Familie“…) und Heiligentage. Auch Sylvester ist ein Heiliger (ein Papst aus dem 4. Jahrhundert).
In den westlichen Kirchen – also auch in der evangelischen – wird Epiphanias als Festtag gehalten. Zum Thema der „Erscheinung des Herrn“ kam das Gedenken an die Heiligen Drei Könige. An Epiphanias schließen sich die Sonntage nach Epiphanias an. Die Epiphaniaszeit dauert bis zu der Woche, in der der 2. Februar (Tag der Darstellung Jesu im Tempel) liegt.
Weitere Feste im Kirchenjahr
Auch wenn Pfingsten ein recht eigenständiges Gepräge gewonnen hat – als Fest des Heiligen Geistes und Entstehung der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem („Geburtstag der Kirche“) – ist es doch eigentlich der Abschluss der Osterzeit. Am Sonntag nach Pfingsten feiern wir Trinitatis. Trinitatis ist ein sogenanntes Ideenfest. Es geht nicht um eine biblische Geschichte (z.B. Weihnachten: Geburt Jesu, Ostern: Auferstehung Jesu), die erzählt werden kann. An Trinitatis steht der Glaubenssatz der Dreieinigkeit Gottes im Mittelpunkt, also eine theologische Aussage.
Der Trinitatissonntag ist der Auftakt der Trinitatiszeit, die manchmal auch die festlose Zeit genannt wird. In diese Zeit fallen die durchnummerierten Sonntage nach Trinitatis. Sie haben jeweils ein eigenes Thema (z.B. Taufe, Abendmahl, christliches Leben). In diese Zeit fällt aber auch das Erntedank- und das Reformationsfest.
Nach der Trinitatiszeit gibt es noch das „Ende des Kirchenjahres“ mit dem Buß- und Bettag und dem Totensonntag.
Das Kirchenjahr beginnt mit dem ersten Adventssonntag und endet mit (der Woche nach) dem Totensonntag.
Heiligentage
Parallel zu diesen Sonn- und Feiertagen im Kirchenjahr gibt es auch die Heiligengedenktage. Auch wenn diese für die katholische Kirche eine größere Rolle spielen, begehen auch die evangelischen Kirchen einige dieser Tage. Martin Luther ließ die Verehrung und das Gebet zu den Heiligen zwar nicht zu, aber er empfahl das Studium des Lebens der Heiligen als Vorbild für ein christliches Leben. Mit der Neuordnung 2018 wurde auch der Martins- und der Nikolaustag mit eigenen Texten als Feiertag aufgenommen.
Themen des Kirchenjahres
Jeder Sonn- und Feiertag hat ein „Thema“. Diese Bezeichnung trifft es nicht ganz, da immer auch unterschiedliche Einzelthemen eine Rolle spielen. Doch es gibt so etwas wie einen roten Faden, der alle Texte und Einzelthemen zusammenhält. Sie klingen sozusagen zusammen.
Zum Thema zugeordnet werden verschiedene Texte. Dazu gehören zum Beispiel der Wochenspruch, das Wochenlied oder der Wochenpsalm. Eigentlich sind auch diese Bezeichnungen nicht ganz richtig, haben sich aber eingebürgert. Der Spruch zu einem Feiertag, der nicht auf einen Sonntag fällt, gilt ja nur für diesen einen Tag und nicht für die ganze Woche. Ich verwende die Bezeichnungen der Einfachheit halber trotzdem.
Für die bekannten Feiertage ist das Thema relativ leicht zu erkennen. Für Weihnachten ist es zum Beispiel „die Geburt Jesu“ oder für Ostern „die Auferstehung Jesu“. Es geht aber nicht nur um die bekannten biblischen Erzählungen. Auch viele andere Themen spielen eine Rolle, besonders in der Trinitatiszeit ist das zu sehen. Da gibt es auch Themen wie „Glaube im Alltag“ oder auch den „Israelsonntag“, an dem wir Christen uns daran erinnern sollen, dass unser Glaube aus dem Judentum entstanden ist und es eine bleibende Verbindung mit den Juden gibt.
Perikopenordnung
Ganz besonders wichtig für die Themen ist die Zuordnung von Predigttexten zu den Sonn- und Feiertagen. Diese Ordnung ist in der sogenannten Perikopenordnung festgelegt (Perikope = Text aus der Bibel, der im Gottesdienst gelesen wird).
Für jeden Sonn- und Feiertag gibt es sechs verschiedene Bibeltexte, die als Lesung oder als Predigttext verwendet werden. In den meisten evangelischen Landeskirchen gilt, dass die Pfarrerin oder der Pfarrer sich an diese Ordnung halten soll. Das heißt, es ist der Normalfall, von dem aber begründet abgewichen werden kann.
Die sechs Texte sind durchnummeriert und bilden so im Laufe des Kirchenjahres eine sogenannte Reihe. Zur Zeit (im Jahr 2019) sind alle Texte mit der Nummer eins als Predigttexte „an der Reihe“. Texte aus den anderen Reihen können als Lesung aus dem Alten Testament, aus den Evangelien oder als Epistel (Brief) verwendet werden.
Farben
Den Festzeiten sind bestimmte liturgische Farben zugeordnet. Diese findet man zum Beispiel am Altar in den „Vorhängen“, die je nach Kirchenjahreszeit gewechselt werden oder in manchen Landeskirchen auch in den Stolas der Pfarrerinnen und Pfarrer.
In der evangelischen Kirche sind vor allem folgende fünf liturgischen Farben im Gebrauch:
- Violett: Buß- und Fastenzeiten
- Weiß: Christusfeste
- Rot: Feste, die mit der Kirche an sich zu tun haben
- Grün: ungeprägte Zeiten
- Schwarz: Karfreitag und Karsamstag
Links:
Hier noch ein paar Links zum Thema Kirchenjahr:
Die Perikopenordnung und weitere Texte und Erläuterungen zur Liturgie der jeweiligen Feiertage findest Du hier:
https://agenden.gottesdienstbuch.de/perikopen/
https://www.kirchenjahr-evangelisch.de
https://www.daskirchenjahr.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Kirchenjahr
Wenn Du all diese Informationen auch in Deinem Outlook-Kalender zur Verfügung haben möchtest, dann kannst Du einen liturgischen Kalender im ical-Format hier herunterladen:
https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/ical-kalender-download.php
Es gibt im Internet viele Predigtsammlungen. Hier zwei, die ich für ganz empfehlenswert halte:
https://predigten.evangelisch.de
Ein paar meiner eigenen Predigten findest du hier: Predigten.
Infos zur neuen Perikopenordnung, die am 1. Advent 2018 eingeführt wurde, kannst Du hier nachlesen:
https://www.velkd.de/gottesdienst/lektionar-perikopenbuch.php
Es gibt noch eine ganze Menge interessanter Fragen rund um das Kirchenjahr, die ich in diesem Überblicksartikel nicht beantworten kann. Ich werde aber in nächster Zeit immer mal wieder einen Beitrag in diesem Teil meines Blogs veröffentlichen. Ich freue mich, wenn Du mal wieder vorbeischaust.
Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe
Beiträge zum Kirchenjahr
Hier findest Du alle Beiträge über das Kirchenjahr.
Eingangslied
Das Eingangslied am Beginn des Gottesdienstes hilft, im Gottesdienst anzukommen und stellt Gemeinschaft der Feiernden her.
Einzug in den Gottesdienst
Beim Einzug in den Gottesdienst kommt das dicke Ende zum Schluss. Was das bedeutet, erfährst Du in diesem Beitrag.
Begrüßung im Gottesdienst
Heute ist eine persönliche Begrüßung der Besucher:innen eines Gottesdienstes – oft durch Ehrenamtliche – fast überall üblich.
Musik zum Eingang
Die Musik zum Eingang oder das Orgelvorspiel hilft Dir, im Gottesdienst anzukommen. Heute gibt es viele Möglichkeiten, es zu gestalten.
Glockengeläut
Das Glockengeläut ruft seit Jahrhunderten zum Gottesdienst. Welche Bedeutung haben Glocken für den Gottesdienst und in der Liturgie?
Vorbereitung auf den Gottesdienst
Zur Vorbereitung auf den Gottesdienst gehört die Arbeit des Küsters, die persönliche Einstellung der Teilnehmer:innen und der Beteiligten.
An-ge-dacht 003-2: Die Zeichen der Endzeit
Schon immer haben Menschen Zeichen der Endzeit gesehen. Dieses Evangelium zum 2. Advent spricht aber genau betrachten ganz anders!
Die Elemente der evangelischen Gottesdienstordnung
Eine gegliederte Auflistung aller Elemente der Gottesdienstordnung im evangelischen Gottesdienst mit Proprium und Ordninarium.
Die Liturgie – Gliederung des Gottesdienstes
Die Gliederung des Gottesdienstes – Von Eröffnung bis Segen. Taufe, Abendmahl, Predigt – alles erklärt für ein tieferes Verständnis.