Predigt Palmsonntag Markus 14,(1-2)3-9

Predigt Palmsonntag Markus 14,(1-2)3-9 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe II, Thema: Kult und Ethos. Gehalten im Gottesdienst am 2024-03-24 in Neukirch.

Sonn-/Feiertag: Palmsonntag

Perikopenreihe: II

Predigttext Markus 14,(1-2)3-9

1 Es waren noch zwei Tage bis zum Passafest und den Tagen der Ungesäuerten Brote. Und die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten, wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten.
2 Denn sie sprachen: Ja nicht bei dem Fest, damit es nicht einen Aufruhr im Volk gebe.

3 Und als er in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt.
4 Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls?
5 Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an.
6 Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.
7 Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit.
8 Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.
9 Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.

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Predigt Palmsonntag Markus 14,(1-2)3-9

Das ist ja ungeheuerlich

Liebe Gemeinde!

Diese Situation muss man sich mal so richtig vorstellen. Jesus sitzt mit seinen Jüngern und einigen anderen zu Tisch. Wie damals üblich waren hier wohl nur Männer anwesend. Frauen durften bestenfalls die Bedienung der Männer übernehmen. Und dann kommt diese Frau hinein. Ohne Worte gießt sie Jesus Salböl über das Haar. Sie kümmert sich nicht um die strafenden Blicke, die sie sicher getroffen haben. Alle starren sie an, dann warten sie gespannt auf eine Reaktion Jesu. Aber der schweigt und lässt es einfach geschehen.

Ich stelle mir weiter vor, wie – nach einer kurzen Schrecksekunde – alle diese Männer über Jesus und die Frau herfallen. „Das ist ja ungeheuerlich“, haben sie wohl gedacht. „So etwas gehört sich doch nicht!“ Doch anscheinend trauen sie sich nicht, Jesus direkt zu kritisieren. Deshalb richten die Jünger die Kritik auf die Verschwendung.

Können wir diese Kritik der Jünger an der Frau nicht verstehen? Haben sie nicht recht? 300 Silbergroschen ist dieses Öl wert. Das war damals der Jahresverdienst eines Tagelöhners. Heute mehr als 10.000 €. Welche Verschwendung, sagen die Anwesenden. Wie viele Arme hätte man davon satt bekommen können? Muss nicht soziales Handeln für Christen an erster Stelle stehen? Hat nicht Jesus selbst immer wieder auf der Seite der Armen gestanden? Haben die Kritiker nicht recht?

Kult und Ethos

Es geht um den Konflikt zwischen Kult und Ethos. Kult nennen wir alles, das mit unseren Gottesdiensten, unserer Frömmigkeit, unseren Gebeten zu tun hat. Man könnte es so zusammenfassen: Es geht um die Beziehung zwischen Menschen und Gott. Ethos (oder Ethik) ist alles, was mit unserer Beziehung zu anderen Menschen zu tun hat. Nächstenliebe, die Art und Weise, wie wir als Christen in dieser Welt leben.

Ethos

Wird nicht auch heute in der Kirche zu viel Geld vergeudet für Kirchenbauten, Glocken, Orgeln und dergleichen? Die Kostbarkeiten in einer Kirche machen nicht satt. Muss man nicht erst die Not beseitigen? Das ist häufig auch die Kritik, die heute an den Kirchen geübt wird. Es würde viel zu viel Geld für überflüssige Dinge ausgegeben. „Schaut euch doch mal das ganze Gold in den alten Kirchen an.“

Wie stehen wir dazu? War das neue Pflaster hier vor der Kirche wirklich nötig? Oder was ist mit der Kirchturmspitze in Liebenscheid, die beim letzten Sturm beschädigt wurde. Muss das für viel Geld repariert werden? Brauchen wir all die schönen Abendmahlsgeräte, die Paramente am Altar und der Kanzel? Oder gehen wir noch einen Schritt weiter: Musste das Mitarbeiter-Frühstück mit 100 Leuten wirklich sein? Ist Gotteslohn nicht genug für unsere Arbeit in seinem Dienst?

Wäre all dieses Geld nicht viel besser angelegt, wenn wir es für die Armen ausgeben? Für Kinder im Kindergarten? Für Brot für die Welt? Für die Diakonie und Katastrophenhilfe? Für Natur- und Tierschutz?

Kult

Die Kritik der Jünger findet aber auch Widerspruch. Ist es nicht auch wichtig, dass wir unser Bestes für Gott geben? Sollen wir in schönen Häusern und Wohnungen leben und Gottes Haus ist nur eine Baracke? Das geht doch auch nicht! Wir müssen doch unsere Verehrung für Gott und unseren Dank angemessen zum Ausdruck bringen. Und außerdem kann man ja das eine tun und das andere nicht lassen.

Manche Bibelleser empfinden die Jünger auch als eifersüchtig und kleinlich. Kritisieren kostet ja nichts, Besserwissen auch nicht. Sie wollen den Armen helfen, aber mit dem Geld der Frau. Welches Recht haben sie, darüber verfügen zu wollen? Warum denken sie gerade jetzt an die Armen? Wenn jemand anderes freigiebig ist, bekommt man selbst leicht ein schlechtes Gewissen.

Muss nicht jeder und jede für sich die Prioritäten für sein und ihr Handeln setzen. Wir können unsere eigenen Prioritäten nicht auf andere übertragen. Die Frau kann und darf selbst bestimmen, was sie für wichtig hält. Ihr ist es in diesem Augenblick wichtig, an Jesus zu handeln. Darum fragt sie nicht, sondern macht, was sie für richtig hält. Sie handelt an Jesus. Das ist ihre Priorität.

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Auf die Einstellung kommt es an

Für die Anwesenden kommt jetzt alles darauf an, was Jesus tut. Jesus lässt gelten, was die Frau an ihm getan hat. Er lässt es als etwas Gutes stehen. Andere können auf andere Weise Gutes tun. Die Frau handelt aus vollem Herzen, aus Überzeugung. Sie wendet sich Jesus zu, ganz und gar, ohne Vorbehalt. Sie tut es aus Liebe und Verehrung. Sie hat getan, was sie konnte. Das ist das Wichtige an dem Geschehen. Auch Jesus sieht es so. Darum sagt er: Das ist meine letzte Ölung, meine Salbung zum Begräbnis.

Zusammenfassen könnte man das alles im Doppelgebot der Liebe. Wir sollen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all unserer Kraft, und unseren Nächsten, wie uns selbst. In dem was die Frau tut geht es um die Liebe zu Gott, zu Jesus. Und das hat sein Recht.

So auch für uns. Können wir nicht das eine tun und das andere dennoch nicht lassen? Natürlich muss unsere Sorge auch für die Armen gelten. Aber auch das Beste geben, was wir können, für Gott, hat sein Recht. Deshalb sagt Jesus, dass diese Geschichte von dieser Frau bis heute in diesem Gottesdienst erzählt werden wird.

Amen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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