​Was heißt eigentlich Einzug?

Was heißt eigentlich Einzug? Wir ziehen um und ziehen dann in eine neue Wohnung ein. Das verstehen wir normalerweise unter Einzug. Im liturgischen Zusammenhang ist das ein geprägter Begriff. Ich denke aber, man kann das vergleichen. Den Einzug der am Gottesdienst beteiligten Menschen in die Kirche, in den Gottesdienstraum, könnte man mit einem Umzug vergleichen. Es geht um einen Umzug aus dem alltäglichen Raum des Lebens in den „heiligen“ Raum der Begegnung mit Gott.

So gesehen würde ich auch das Ankommen der Teilnehmer-innen am Gottesdienst als einen Einzug verstehen. Vielleicht würde es auch für Dich eine interessante Erfahrung sein, einmal bewusst den Schritt über die Schwelle der Kirchentür als einen Umzug vom Alltag in der Welt in einen Raum, der in besonderer Weise mit Gott in Verbindung gebracht wird, wahrzunehmen.

Der Einzug als klassisches Liturgisches Element des Gottesdienstes bedeutet, dass die Beteiligten am Gottesdienst – also Pfarrer-in, Lektor-innen, Kirchenmusiker-innen und (in der katholischen, aber auch der anglikanischen Kirche) Ministrant-innen und eventuell dem Bischof, der Bischöfin und anderer Mitwirkenden – aus der Sakristei oder von außerhalb der Kirche in den Gottesdienstraum einziehen.

Jetzt habe ich schon so viele Wörter über den Einzug gemacht, nur um jetzt zu schreiben: In der evangelischen Kirche gibt es normalerweise keinen Einzug. So, kann ich jetzt also aufhören zu schreiben? Nein, so einfach ist es dann doch nicht.

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​Wie war es früher?

Einen Einzug kennen wir schon aus dem alten Testament. Psalm 118,19 beschreibt, wie der Beter in den Tempel in Jerusalem kommt: „Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, dass ich durch sie einziehe und dem Herrn danke.“ Vorbereitende Teile der Liturgie gab es auch von Anfang an im christlichen Gottesdienst (siehe meinen Beitrag Vorbereitung auf den Gottesdienst). Einen richtig ausgeführten Einzug der am Gottesdienst aktiv Beteiligten gibt es seit etwa dem siebten Jahrhundert.

Es entwickelte sich ein ausgeformtes Ritual zum Beginn des Gottesdienstes. Im Mittelalter war es üblich – ganz besonders bei Gottesdiensten, in denen der Papst oder ein Bischof beteiligt waren -, dass die Priester und andere Mitwirkende sich in der Sakristei trafen und sich vorbereiteten (äußerlich und innerlich). Dann zogen sie zur Kirchentür und traten in einer Prozession zum Gesang des Chores oder des Kantors in den Kirchenraum ein und gingen bis zum Altar.

Die Reihenfolge des Einzugs richtete sich nach der Hierarchie der Einziehenden, wobei der Ranghöchste – der Priester oder der Bischof – am Ende ging. Du kennst doch sicher das Sprichwort: Das dicke Ende kommt noch? Es ist nicht geklärt, woher dieser Satz stammt, aber die lustigste Erklärung, die ich kenne, ist, dass sich das auf diesen Einzug bezieht. Durch die Einkünfte aus seinem Amt war der Bischof im Mittelalter deutlich besser gestellt, als die meisten aus dem normalen Volk. Oft zeigte sich das auch an seinem Leibesumfang. Da er in der Prozession am Ende ging, kam das dicke Ende am Schluss.

Während des Einzugs sang der Chor. Ja, früher gab es in jeder Messe einen Chor! Der Eingangsgesang war der Introituspalm. Die Einziehenden sprachen währenddessen verschiedene Psalmen, Gebete und Sündenbekenntnisse. Man nennt dies das Stufengebet, weil es auf den Stufen zum Altar gesprochen wurde. Dieses Stufengebet war kein Gebet der Gemeinde oder mit der Gemeinde. Es wurde von den Einziehenden gesprochen, während der Chor sang.

Die ersten Worte des Zelebranten, also des Priesters oder des Bischofs, waren dann die Salutatio, der Gruß „Der Herr sei mit euch“ (durch den Priester) oder „Der Friede Gottes sei mit euch“ (durch den Bischof).

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Wie ist es heute?

Heute gibt es kaum noch Gemeinden, in denen regelmäßig in allen Gottesdiensten ein Chor diese liturgischen Stücke singen kann. Die Pfarrerin oder der Pfarrer sind auch häufig die einzigen aktiv am Gottesdienst Mitwirkenden und sitzen schon zu Beginn im Kirchenraum, meist im Altarraum oder in der ersten Bank.

Einen Einzug gibt es in der evangelischen Kirche nur noch zu besonderen Anlässen. Dazu gehören zum Beispiel Konfirmationsgottesdienste oder Trauungen. Auch bei der Ordination oder Einführung eines Pfarrers, einer Pfarrerin, bei der Einführung des Kirchenvorstands oder bei anderen Gottesdiensten aus besonderem Grund, an denen mehrere Personen beteiligt sind. Meist erfolgt dann der Einzug zum musikalischen Vorspiel durch die Orgel oder einer Band.

Eine reformatorische Kirche, die noch meist einen Einzug in allen Gottesdiensten hat, ist die anglikanische Kirche. Dort gehört zum Einzug auch, dass ein Kreuz vor dem Prozessionszug getragen wird. Außerdem wird eine Bibel oder ein Evangelienbuch in Begleitung von zwei Kerzen mitgeführt und auf dem Lesepult abgelegt.

Erwähnen sollte ich hier noch, dass üblicherweise bei Gottesdiensten mit einem Einzug auch ein Auszug am Ende des Gottesdienstes zur Musik zum Ausgang erfolgt.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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