Texte aus der Bibel im Kirchenjahr
„Der heutige Predigttext steht in…“ So beginnen die meisten Pfarrerinnen und Pfarrer die Verlesung des Predigttextes im Gottesdienst. Die Predigt ist die zentrale Stelle, an der die Bibel im Kirchenjahr auftaucht. Doch woher weiß die Pfarrerin denn, welcher Predigttext dran ist? Wie kommt der Pfarrer zum Predigttext? Nimmt der Prediger immer nur seine Lieblingstexte? Macht er es sich leicht und nimmt die Predigt vom letzten Jahr? Vielleicht stammt sie aus dem Internet?
Nein, so leicht machen es sich die Pfarrer*innen (meistens) nicht! Es gibt Regeln für die Auswahl der biblischen Texte im Gottesdienst. Woher kommen sie und wie funktioniert das? Außer den Predigttexten gibt es noch weitere Abschnitte aus der Bibel im Kirchenjahr und im Gottesdienst.
Bibel im Kirchenjahr
Dieser Beitrag steht im Themenbereich Bibel im Kirchenjahr.
Kirchenjahr
Mit den Themen Lebendiges Kirchenjahr und Liturgisches Kirchenjahr bildet Bibel im Kirchenjahr den Abschnitt Kirchenjahr.
Spiritualität
Kirchenjahr gehört mit Kirche und Bibel zum Bereich Spiritualität.
Übersicht
Infos über alle Themen meines Blogs findest Du auf der Übersichtsseite.
Entstehung und Geschichte
Es ist selbstverständlich, dass im Gottesdienst an Weihnachten, die Geburtsgeschichte Jesu aus dem Lukasevangelium gelesen wird. Karfreitag erinnern wir uns an Jesu Tod am Kreuz, also wird dieser Bericht aus dem Johannesevangelium verlesen. Das Evangelium für Ostersonntag ist die Erzählung von der Auferstehung Jesu aus dem Markusevangelium.
So werden allen Sonn- und Feiertagen im Kirchenjahr jeweils passende biblische Texte zugeordnet. Für manche Gottesdienste sind die Texte offensichtlich. Manche Bibeltexte wurden schon vor Jahrhunderten an diesem Tag gelesen. Bei anderen Abschnitten ist es nicht so eindeutig, aber immer soll ein thematischer Zusammenhang entstehen. Die Texte ergänzen sich oder verdeutlichen unterschiedliche Aspekte des Themas.
Schon ab dem 5. Jahrhundert begann die Kirche einzelne Bibelabschnitte – sogenannte Perikopen – in einer Zusammenstellung zu sammeln. Diese Sammlungen nennt man Lektionar; ein Buch aus dem „vorgelesen“ wird. Zuerst waren es nur Texte aus den Evangelien, später kamen für jeden Sonntag Abschnitte aus den übrigen Teilen des Neuen Testaments dazu – die Episteln.
Ab ungefähr 1800 gab es Vorschläge, diese Zusammenstellung zu erweitern, aber erst 1958 kam es in der evangelischen Kirche in Deutschland zu einer gemeinsamen „Ordnung der Predigtexte“ – die Perikopenordnung.
Die Ordnung des Gottesdienstes
In der Perikopenordnung, die seit dem 1. Advent 2018 in der Evangelischen Kirche in Deutschland gilt, gibt es sechs Reihen von Perikopentexten aus den Evangelien, Episteln und dem Alten Testament. Im Laufe eines Jahres werden alle Perikopentexte einer Reihe als Predigttexte in den Gottesdiensten verwendet. Daher hat die Pfarrerin den Predigttext!
Diese Perikopen sind also die inhaltliche Grundlage für alle Sonn- und Feiertage des Kirchenjahres. Sie werden als Texte für die Lesungen und als Predigttexte verwendet. Damit hat die Bibel im Kirchenjahr eine grundlegende Bedeutung für die Inhalte.
Der Ablauf eines Gottesdienstes – die Liturgie – und alle übrigen Texte werden in der Agende zusammengestellt. Manche dieser Texte sind in jedem Gottesdienst gleich (z.B. Glaubensbekenntnis und Vaterunser), manche wechseln im Laufe des Kirchenjahres. Dazu gehören die Perikopen, aber auch der Wochenpsalm, der Wochenspruch, die Wochenlieder und Gebete. Vgl. dazu meinen Beitrag Liturgisches Kirchenjahr.
Themen der Sonn- und Feiertage
Die Stücke, die immer gleich sind, nennt man Ordinarium; die wechselnden Stück sind das Proprium eines Sonntags. Mit dem Proprium wird also auch das jeweilige Thema festgelegt. Die Auswahl der Perikopen ist deshalb sehr wichtig und die Grundlage für die inhaltliche Ausrichtung der Sonn- und Feiertage.
Eben habe ich schon drei der wichtigsten Feiertage genannt. Die Themen sind für Weihnachten, Karfreitag und Ostern für Christen, die regelmäßig den Gottesdienst besuchen, ziemlich offensichtlich. Aber auch die anderen Sonn- und Feiertage haben ihren Schwerpunkt. So gibt es zum Beispiel einen Taufsonntag (6. Sonntag nach Trinitatis) oder einen Abendmahlssonntag (7. Sonntag nach Trinitatis).
Außer den Lesungen und dem Predigttext gibt es noch weitere biblische Texte, die dem Thema zugeordnet sind: Der Wochenpsalm und der Wochenspruch.
Der Wochenspruch ist ein Bibelvers, der ganz prägnant das Thema des Sonntags angibt. So ist zum Beispiel der Spruch für den Totensonntag: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ aus Psalm 90, 12. (Ich glaube, dazu muss ich nichts weiter erläutern.)
Weitere Infos dazu: Wochenspruch.
Alle Wochensprüche findest Du hier: Die Wochensprüche des Kirchenjahres.
Der Wochenpsalm wird in vielen Gemeinden im Gottesdienst im Wechsel gesprochen. Deshalb ist er in Lektionaren und auch im Evangelischen Gesangbuch in Abschnitten gedruckt, die unterschiedliche Einzüge haben. Häufig ist bei den Psalmen die thematische Einordnung nicht so eindeutig. Das liegt zum einen daran, dass sie Lieder, Gedichte sind, aber auch weil es eine jahrhundertealte Tradition des „Introitus-Psalms“ gibt, die auch in die Auswahl eingeflossen ist.
Weitere Texte aus der Bibel im Kirchenjahr
Die genannten biblischen Texte im Kirchenjahr spielen vor allem eine große Rolle im Gottesdienst. Mir ist es wichtig, die Texte selbst, aber vor allem die Themen auch in unseren Alltag einzubringen. (Kirchenjahr im Alltag)
Auf meinem Blog findest Du viele Anregungen dazu (Lebendiges Kirchenjahr). Besonders hilfreich finde ich, im Laufe einer Woche immer wieder daran erinnert zu werden. Das kann unter anderem durch eine kurze Andacht am Morgen geschehen. Wenn Du daran Interesse hast, dann schau Dir doch mal die Morgenandacht an. Die Texte wechseln jeweils mit der Kirchenjahreszeit; entsprechen also der in der evangelischen Kirche geltenden Agende.
Die Jahreslosung und die Tageslosungen möchte ich hier noch erwähnen, auch wenn sie nicht zu der oben vorgestellten Ordnung biblischer Texte im Kirchenjahr gehören. Trotzdem sind sie eine große Hilfe, der persönlichen Spiritualität im Laufe eines Jahres im Alltag Nahrung zu geben.
Weitere Informationen findest Du hier: Die Losungen.
Meine Beiträge zu den Jahreslosungen der letzten Jahre: Jahreslosung.
Bibel im Kirchenjahr auf uwe-hermann.net
Hier findest Du alle Beiträge, die ich über Bibel im Kirchenjahr geschrieben habe. Es sind vor allem Beiträge zu Wochensprüchen und natürlich Predigten über die Perikopentexte. Sie sind hier nach Veröffentlichungsdatum angeordnet. Ein Übersicht über die Predigten findest Du im Beitrag Bibelauslegung.
An-ge-dacht 002-2: Die Zeichen der Endzeit
Schon immer haben Menschen Zeichen der Endzeit gesehen. Dieses Evangelium zum 2. Advent spricht aber genau betrachten ganz anders!
Wochenspruch 1. Sonntag nach dem Christfest – Den Trost Gottes spüren
In der Andacht zum Wochenspruch zum 1. Sonntag nach dem Chrisftest geht es darum, wie wir den Trost Gottes spüren können.
Freude – Wochenspruch Christvesper und Christnacht
In der Andacht zum Wochenspruch Christvesper und Christnacht steht die Freude über Weihnachten, die Geburt Jesu, im Mittelpunkt.
An-ge-dacht 001-1: Jesus kommt
Jesus kommt und zieht in Jerusalem ein. Am 1. Sonntag im Advent fragen wir: Wer ist der, der da kommt? Und wie begegne ich ihm?
An-ge-dacht 54-1: Die Apokalypse des Daniel
Die Apokalypse des Daniel zeigt, dass Gott der Herr der Welt ist und gibt damit Hoffnung für sein Volk Israel und alle Menschen.
An-ge-dacht 53-1: Beten ist Freude
Beten ist Freude, auch wenn wir klagen oder bitten, weil wir wissen, dass Gottes Liebe schon immer weiß, was wir brauchen.
Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe