Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis
Der Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis steht in Micha 6, 8 (in der Übersetzung nach Martin Luther):
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Stopp! Nicht weiterlesen! Es könnte sein, dass dieser Beitrag für manche Leser*innen zu langweilig ist. Lies nur weiter, wenn es Dich interessiert, detailliertere Informationen über den Bibeltext in seinem ursprünglichen Zusammenhang zu erfahren.
In diesem Beitrag zum Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis möchte ich einmal tiefer in die Exegese, die Analyse des Bibelverses einsteigen. Es geht mir also diesmal nicht (zuerst) um die aktuelle Auslegung für uns heute.
Ich bin aber auch davon überzeugt, dass diese Infos uns deutlich weiterhelfen können, die drei klaren Anweisungen für unser Leben, die in diesem Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis stecken, besser zu verstehen.
Dieser Beitrag hat einen zweiten Teil: 3 Anweisungen für gutes Leben.
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Das Michabuch in der Bibel
Wenn Du etwas mehr über den aktuellen Stand der biblischen Wissenschaft über das Michabuch wissen willst, dann empfehle ich Dir folgende Website: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/27685/
Es ist nicht ganz klar, wann dieser Text geschrieben wurde, wahrscheinlich erst einige Jahrhunderte nach dem historischen Propheten Micha, der im 8. Jahrhundert vor Christus gelebt hat. Dennoch ist sicher, dass die Propheten dieser Zeit deutliche sozialkritische Ansichten hatten. Das trifft auf Micha, aber ebenso auch auf Amos zu.
Im Michabuch werden gesellschaftliche Missstände angeklagt. Dabei geht es konkret um die Unterdrückung und Ausbeutung der Armen, um ungerechte Gerichtsurteile, um die Beugung des Rechts durch Reiche und Mächtige im Land.
Interessant ist, dass die Forderung Michas nach sozialer Gerechtigkeit in engem Zusammenhang mit dem Verhältnis zu Gott steht. Es ist für ihn schier unmöglich, gläubig zu sein ohne auch zugleich für gerechte Verhältnisse einzutreten.
Klar ist auch, dass die rein äußere Befolgung des Gesetzes (damals Opfer im Tempel u.Ä.) nicht das ist, was Gott will. Ihm geht es um die Einstellung des Herzens.
Die Forderung Gottes?
Hier fängt es schon an schwierig zu werden. Dieser Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis gehört zwar zu den bekanntesten aus dem Alten Testament, aber trotzdem muss ich immer wieder stutzen, wenn ich ihn lese. Wer nimmt schon gerne Anweisungen entgegen – außer vielleicht von einem Vorgesetzten? Gott fordert etwas von uns? Wollen wir das wirklich hören?
Vor kurzem habe ich zwei Beiträge veröffentlicht, in denen es auch um Regeln und Weisheiten für ein gutes Leben geht (“Richtschnur des Sommers”, “11 Lebensweisheiten aus dem Kirchenjahr”). Lebensregeln oder Lebensweisheiten hören sich doch viel besser an als Forderungen und Anweisungen.
Gerade, weil der Text so bekannt und auf den ersten Blick so widerständig, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Das möchte ich in diesem Beitrag zum Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis tun.
Der Text hat zwei Teile: einerseits die Einleitung (“Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert”) und andererseits die drei Anweisungen, die danach folgen.
Die ersten Worte klingen ja noch relativ harmlos: Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist. Vielleicht schwingt aber doch schon etwas mit, das sich wie ein Vorwurf anhört. “Du weißt doch ganz genau, was du zu tun hast!” “Hab ich dir das nicht schon oft genug gesagt?” Weiter in dieser Richtung: Dir ist doch bekannt, was Gott von dir fordert!
Fordern, suchen, erwarten
Die Übersetzung ist von entscheidender Bedeutung! Das Wort “fordert” kann auch mit “sucht” übersetzt werden. Das klingt doch etwas anders. Dann geht es eher darum, dass Gott sich unser Leben anschaut und versucht etwas zu finden, was gut ist. Man könnte auch Gott “erwartet” etwas von uns übersetzen.
Ich weiß, das mit der Erwartung ist so eine Sache. Viele meinen, man sollte nichts erwarten, dann kann man auch nicht enttäuscht werden. Vielleicht geht Gott ja das Risiko ein, von uns enttäuscht zu werden. Schließlich gibt es ja auch Dinge, die man wirklich erwarten kann. Natürlich erwarte ich, dass das neue Auto richtig funktioniert. Wenn nicht, dann bekommt sogar ein Konzern wie VW Ärger. Und das zurecht.
Außerdem ist das, was Gott fordert, gut. So sieht es zumindest der Prophet Micha. Es geht ja nicht um überzogenen Forderungen, die uns überfordern. Gottes Forderungen sollen ein gutes Leben und ein gerechtes Zusammenleben ermöglichen. Wäre das nicht eine “göttliche Erwartung”, die durchaus berechtigt ist?
Der Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis fordert nicht viel
Die Verbindung zwischen der Einleitung und den “drei Anweisungen” lässt sich auch verschieden übersetzen. In der älteren Lutherübersetzung stand noch “nämlich”. In der Revision von 2017 heißt es jetzt “nichts als”. Das ist zum einen genauer.
Andererseits macht die neue Übersetzung auch klar, dass es nicht um gewaltige Aufgaben geht, sondern um schlichte und einfache Dinge, die das Leben besser machen. Es ist leicht, Gottes Forderungen zu erfüllen und es hat noch den Vorteil, dass es dem Einzelnen und der ganzen Gemeinschaft gut tut.
Bevor wir uns die “drei Anweisungen” aus dem Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis anschauen, gebe ich Dir zum Vergleich noch ein paar andere Übersetzungen:
Buber, Die Schrift: Angesagt hat mans dir, Mensch, was gut ist, und was fordert ER von dir sonst als Gerechtigkeit üben und in Holdschaft lieben und bescheiden gehen mit deinem Gott!
Gute Nachricht: Der HERR hat dich wissen lassen, Mensch, was gut ist und was er von dir erwartet: Halte dich an das Recht, sei menschlich zu deinen Mitmenschen und lebe in steter Verbindung mit deinem Gott!
„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Gott bei dir sucht: Nichts anderes als Gerechtigkeit üben, Freundlichkeit lieben und aufmerksam mitgehen mit deinem Gott.“ (Übersetzung für den Deutschen Evangelischen Kirchentag, Hamburg 1995)
Was Gott bei uns Menschen sucht, das schauen wir uns im nächsten Beitrag etwas genauer an 3 Anweisungen für gutes Leben. Bis dahin wünsche ich Dir eine gute Zeit und vielleicht hast Du ja mal die Gelegenheit, etwas intensiver über diesen schönen Wochenspruch 20. Sonntag nach Trinitatis nachzudenken.
Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe