Predigt 19. Sonntag nach Trinitatis Jakobus 5,13-16
Predigt 19. Sonntag nach Trinitatis Jakobus 5,13-16 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe V, Thema: Ist Gesundheit das Wichtigste? Gehalten in einem Gottesdienst mit Silberner Konfirmation.
Sonn-/Feiertag: 19. Sonntag nach Trinitatis
Perikopenreihe: V
Predigttext Jakobus 5,13-16
13 Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen.
14 Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn.
15 Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden.
16 Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.
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Predigt 19. Sonntag nach Trinitatis Jakobus 5,13-16
Der rote Faden in meinem Leben
(Während der Predigt habe ich einen roten Wollfaden benutzt um Verbindungen herzustellen. Am Anfang haben die Silbernen Konfirmanden und Konfirmandinnen den Faden untereinander weitergegeben. Dann ging das Wollknäuel durch die Gemeinde und kam gegen Ende der Predigt zu mir zurück. Schließlich habe ich am Schluss der Predigt den Wollfaden zum Altar und zum Kreuz auf dem Altar geführt.)
Liebe Gemeinde!
Heute feiern wir den Tag der Silbernen Konfirmation mit den Jubelkonfirmanden. So ein Tag kann dazu anregen über das bisherige Leben nachzudenken. Das gilt nicht nur für die Jubelkonfirmanden und Jubelkonfirmandinnen, sondern für uns alle. Ich möchte das tun mit der Frage: Gibt es einen roten Faden in meinem Leben?
Der rote Faden kann zum Beispiel der Taufspruch oder Konfirmationsspruch sein. Ich kenne viele Christinnen und Christen, die mir das auch noch im hohen Alter erzählen. „Mein Taufspruch hat mich durch mein ganzes Leben begleitet.“ Oder: „Immer wieder hat mir mein Konfirmationsspruch in schweren Zeiten Mut gemacht.“
Der rote Faden kann auch sein, was mir im Leben bisher wichtig war und womöglich noch ist. Es ist ja oft so, dass ein bestimmtes Thema, vielleicht auch ein Hobby oder die Arbeit, das ganze Leben bestimmt. Manchmal ist es auch ein Ehrenamt. Wie viele Feuerwehrleute nutzen jede freie Minute für diese Aufgabe?! Oder Sportler beschäftigen sich über Jahre und Jahrzehnte mit ihrem Sport.
Nehmen wir uns doch mal einen kurzen Moment eine Zeit der Stille und denken darüber nach, was uns wichtig ist im Leben.
(Stille)
Ist Gesundheit das Wichtigste?
Viele Menschen antworten heute auf die Frage nach dem Wichtigsten in ihrem Leben mit: „Gesundheit ist doch das Wichtigste.“ Oft wird dann erklärt: Wenn du nicht gesund bist, dann ist doch alles andere auch nicht möglich. Wenn du krank im Bett liegst, dann kannst du alles andere vergessen. Auf den ersten Blick muss ich dem zustimmen. Da ist ja wirklich etwas dran.
Wenn wir in unsere Gesellschaft und die Politik schauen, dann scheint auch Gesundheit zumindest eines der zentralsten Themen zu sein. Das haben wir nicht erst erlebt, als Corona nahezu alles stillgelegt hat. Seit langer Zeit sind unser Gesundheitssystem, die Gesundheitsreform, die Pflege im Krankenhaus und im Seniorenheim, die Hausarztversorgung und ähnliche Themen in aller Munde.
Selbst in unserem heutigen Predigttext geht es um dieses Thema. Es geht ganz konkret darum, wie die christliche Gemeinde mit ihren kranken Mitgliedern umgeht.
Umgang mit Kranken
Wie gehen wir in unserer Gesellschaft mit kranken Menschen um? Wie gehen wir in unserer Gemeinde mit Kranken um? Wie gehen wir selbst mit Krankheit um? Wie können wir uns um Kranke gut und hilfreich kümmern? Es geht in dem Predigttext um Besuche (vielleicht kann das auch erweitert werden auf die Pflege). Es geht also auch um konkrete Hilfe. Vor allem aber steht das „Da-sein“ für den Kranken im Mittelpunkt. Dazu gehört auch, die Sorgen und Ängste im Gebet vor Gott zu bringen.
Es geht aber in dem Text noch um viel mehr:
Leid
Da heißt es: „wenn einer Leid trägt“. Das ist doch nicht nur Krankheit; das sind auch Trauer, Sorgen um die Familie, den Arbeitsplatz und noch so vieles mehr. Gerade heute haben doch so viele Menschen Angst vor der Zukunft. Wenn wir die Entwicklungen in unserer Welt anschauen, dann kann einem doch Angst und Bange werden. Krieg, Flucht, Terror, Pandemie, Finanzkrise, Energiekrise, Klimawandel…
Jakobus trägt uns Christinnen und Christen in diesem Predigttext auf, gemeinsam diese Sorgen und Nöte zu tragen. Wir können dieses Leid vor Gott klagen. Wir können die Sorgen gemeinsam vor Gott bringen. „Geteiltes Leid ist halbes Leid.“
Freude
„Ist jemand guten Mutes“, schreibt Jakobus weiter. Wenn einer Grund zur Freude hat, dann kann er diese Freude auch teilen mit Gott und mit den Mitmenschen. Interessant ist hier, dass Jakobus dazu den Rat gibt zu singen! Schon vor zweitausend Jahren wusste er von der großen und auch heilenden Kraft der Musik. Freud kann auch durch ein fröhliches Lied geteilt werden. Schade, dass heute die Musikgeschmäcker so extrem unterschiedlich sind – oder vielleicht ist gerade das ja gut. Wenn wir es schaffen, auch bei unterschiedlichen Vorlieben, den anderen unsere Freude mitzuteilen, dann ist es gleich nochmal so gut. Außerdem wissen wir doch alle: „Geteilte Freude ist doppelte Freude.“
Seelsorge
Erst nach dem Leid und der Freude kommt Jakobus nun auf die Kranken zu sprechen. Aber auch in diesem Zusammenhang ist ihm das Wichtigste, dass niemand allein bleibt. Das Kümmern um die Kranken ist der christlichen Gemeinde aufgetragen. Übrigens nicht nur den Pfarrern und Pfarrerinnen, sondern alles Christinnen und Christen. Im Kümmern um die Kranken liegt mehr als nur die Frage nach körperlicher Gesundheit, es geht auch um die Gesundheit der Seele. Das heißt, es geht um persönliche Zuwendung, um Mittragen des Leids, um Da-sein.
Das nennen wir in der Kirche „Seelsorge“. Die Seelsorge ist nach Jakobus eine Grundaufgabe der christlichen Gemeinde.
Schuld
Zur Seelsorge gehört auch, dass wir uns dem stellen, was im Leben falsch gelaufen ist, wo wir schuldig geworden sind an Gott und Menschen. Das kann ausgesprochen werden im Gebet vor Gott oder auch vor einem Menschen unseres Vertrauen. Wir haben in unseren Gottesdiensten verschiedene Möglichkeiten Schuld vor Gott zu bekennen. Zum Beispiel im Kyriegebet am Anfang des Gottesdienstes oder im Beichtgebet vor dem Abendmahl. Auch die persönliche Beichte im seelsorglichen Gespräch mit dem Pfarrer, der Pfarrerin oder einem vertrauenswürdigen Mitchristen ist eine gute Möglichkeit das Gewissen zu entlasten.
Zum Bekenntnis von Schuld gehört immer auch der Zuspruch der Vergebung. Darauf dürfen wir uns verlassen: Gott wird vergeben und vergessen und er sieht uns mit Augen der Liebe an!
Gottes roter Faden
Letztlich wird in diesem Predigttext das ganze Leben vor Gott gebracht und von Gott her gedacht. Dabei geht es nicht nur um Gesundheit, sondern in einem umfassenden Sinn um Heil. Heil ist äußerlich fassbar: In Gesundheit, Glück, Freude, Wohlstand und noch so viel mehr, was Gott uns schenkt.
Aber es geht auch darüber hinaus. Auch wenn diese äußeren Dinge nicht im Lot sind, kann Heil erfahren werden in „inneren Werten“: In Zufriedenheit, Zuversicht, gutem Gewissen, Frieden mit Gott und unseren Mitmenschen. Gesundheit ist also sehr wichtig, aber nicht das Wichtigste. Heil in diesem umfassenden Sinn kann auch in Krankheit erfahren werden.
Der rote Faden dieses Predigttextes für unser Leben ist dieses Heil Gottes. Das Zeichen dafür ist für Christinnen und Christen das Kreuz Jesu Christi. Erfahrbar unter anderem, aber vor allem durch das Abendmahl. Deshalb geht der rote Faden zum Altar und von da aus zum Kreuz.
Ich wünsche uns allen, heute besonders den Silbernen Konfirmandinnen und Konfirmanden, immer wieder mal Zeit für die Besinnung darauf, was wirklich wichtig ist im Leben und das Vertrauen darauf, dass Gott unser Bestes will – unser Heil.
Amen.
Es gilt das gesprochene Wort.
Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe