Predigt 18. Sonntag nach Trinitatis Jakobus 2,1-13

Predigt 18. Sonntag nach Trinitatis Jakobus 2,1-13 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe Marginalie, Thema: Kein Ansehen der Person. Gehalten im Gottesdienst am 08.10.2023 in Rabenscheid und Liebenscheid.

Sonn-/Feiertag: 18. Sonntag nach Trinitatis

Perikopenreihe: Marginalie IV

Predigttext Jakobus 2,1-13

1 Meine Brüder und Schwestern, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person.
2 Denn wenn in eure Versammlung ein Mann kommt mit einem goldenen Ring und in herrlicher Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung,
3 und ihr seht auf den, der herrlich gekleidet ist, und sprecht zu ihm: Setz du dich hierher auf den guten Platz!, und sprecht zu dem Armen: Stell du dich dorthin!, oder: Setz dich unten zu meinen Füßen!,
4 macht ihr dann nicht Unterschiede unter euch und urteilt mit bösen Gedanken?
5 Hört zu, meine Lieben! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn lieb haben?
6 Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen?
7 Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch genannt ist?
8 Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift : »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht;
9 wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet überführt vom Gesetz als Übertreter.
10 Denn wenn jemand das ganze Gesetz hält und sündigt gegen ein einziges Gebot, der ist am ganzen Gesetz schuldig.
11 Denn der gesagt hat : »Du sollst nicht ehebrechen«, der hat auch gesagt: »Du sollst nicht töten.« Wenn du nun nicht die Ehe brichst, tötest aber, bist du ein Übertreter des Gesetzes.
12 Redet so und handelt so als Leute, die durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen.
13 Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht.

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Predigt 18. Sonntag nach Trinitatis Jakobus 2,1-13

Die stroherne Epistel

Liebe Gemeinde!

Der Jakobusbrief ist nach Luthers Urteil eine „stroherne Epistel“. Für Luther war der Glaube entscheidend für unser Verhältnis zu Gott. Das ist auch grundsätzlich richtig: Glaube ist Geschenk; Glaube ist Vertrauen; Glaube ist Hoffnung. Wir können uns den Himmel nicht mit Werken und guten Taten verdienen. Gerade auf die Werke legt Jakobus aber einen besonderen Wert.

Aber wir wissen alle, wenn unser Glaube und Reden nicht mit dem übereinstimmt, was wir tun, dann werden wir unglaubwürdig. Und genau so herum wird ein Schuh daraus: Der Glaube ist das erste und Fundamentale, aber aus dem Glauben heraus sollen wir leben, wie es Gott gefällt. Das ist das Thema des Jakobus.

Es geht nicht nur um den Glauben, sondern auch um das, was wir tun, um die Werke: So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber (Jakobus 2,17). Glaube ist auch Leben. Wenn der Glaube keine Auswirkungen auf unser Leben hat, dann verdient er es nicht Glaube genannt zu werden. Glaube will gelebt werden.

Jakobus und Jesus sind sich einig

Auch wenn Luther etwas abfällig über den Jakobus-Brief redet, so ist dieser Jakobus hier doch sehr nahe an Jesus:

In Vers 5 sagt er, Gott hat die Armen in der Welt erwählt. Da klingt die erste Seligpreisung Jesu aus Matthäus 5,3 an: Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.

Jesus sagt: Liebe deinen Nächsten. Jakobus nennt das sogar „das königliche Gesetz“. Es ist für ihn das Gesetz, das der König Jesus erlassen hat.

Und die Übereinstimmung geht noch weiter. Jakobus meint; Wer ein Teil des Gesetzes bricht, ist des ganzen Gesetzes schuldig. Genau das hat Jesus auch gemeint, wenn er sagt: Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich. (Matthäus 5,18f)

Jakobus erinnert uns daran, was Jesus gesagt hat. Was er hier sagt ist doch ganz auf der Linie der Verkündigung Jesu. Hatte Jesus nicht eine ganz besondere Leidenschaft für die Armen, die Kranken und Behinderten, für die, die am Rand der Gesellschaft standen und auch für die Ausländer?

Kein Ansehen der Person

Das Beispiel aus dem Jakobusbrief liegt nahe am Leben. Er macht deutlich, dass es für gläubige Menschen kein Ansehen der Person geben darf. Im Text geht es um Bevorzugung und Verachtung im Zusammenhang von Reich und Arm.

Heute ist das in unseren Gottesdienstgemeinden vielleicht nicht mehr ganz so dramatisch, aber wenn man das zurückführt auf das Denken, was dahinter steht, dann geht es doch vor allem um Vorurteile: Deutsche – Ausländer; Einheimische – Aussiedler; aber vielleicht auch bis dahin: Markenklamotten in der Schule oder die billigen aus dem Diskounter? Jemand denkt anders als wir?

Oder jemand will sich Vorteile sichern, wenn er den Reichen oder den, der was darstellt, einen Titel hat oder auf der Karriereleiter oben steht bevorzugt. Mit diesen Leuten, meint man, müsse man sich gut stellen.

Wenn jemand Hilfe braucht, dann ist es Christenpflicht ihm zu helfen. Wer dann nur große Worte macht und nicht zupackt, der lebt nicht den Glauben. Dann ist der Glaube tot. Das ist uns wohl klar und die meisten von uns werden das sicher auch tun – egal ob der Hilfsbedürftige reich oder arm ist.

In diesem Predigttext geht aber es noch nicht einmal um die Hilfe. Es gibt noch einen Schritt vorher: Der Umgang mit den nicht so angesehenen Mitmenschen.

Unsere Kirche ist im Kern eine bürgerliche Versammlung. Das zeigen alle Untersuchungen zur Kirchenmitgliedschaft der letzten Jahrzehnte. Schaut doch mal auf die Gottesdienste oder in unsere Veranstaltungen. Wo sind denn die sozial Benachteiligten? Wo sind die abgewrackten Alkoholiker? Wo sind die, die bei der Tafel einkaufen müssen? Wo sind die Ausländer und Flüchtlinge? Sollten nicht gerade diese Menschen bei uns zu Hause sein?

Nächstenliebe ist Beziehung

Bei dem Thema des Jakobus geht es vor allem um Beziehungen zu anderen Menschen. Was Gott von uns will ist, dass wir jeden Menschen, mit dem wir gerade zu tun haben als unseren Nächsten sehen und dann in Liebe und Barmherzigkeit mit ihm umgehen. Das trifft natürlich auch auf die Reichen zu und auf die, die mit uns einer Meinung sind, ebenso auf die, die in unserer Gesellschaft wichtig sind. Aber eben auch auf die Anderen.

Kein Ansehen der Person heißt dann, dass wir uns auch den unbequemen, die uns nicht passen, als unseren Nächsten offen und vorbehaltlos zuwenden.

Der Theologe Michael Herbst hat einmal in einer Predigt zu diesem Text von der „radikalen Einschließlichkeit der Gemeinde Jesu“ gesprochen(GreifBar plus 617. In: HERBST, M. (Hrsg.): Michael Herbst Predigtarchiv (2002–2020). Greifswald : Michael Herbst, 2018). Wenn wir das wirklich ernst nehmen würden, dann müsste sich noch einiges in unserer Gemeinde und in unserer ganzen Kirche tun.

Wie wir dahin kommen – dafür habe ich auch kein Patentrezept. Darüber müssen wir immer wieder neu nachdenken und reden. Aber wenn wir dieses Stichwort von der radikalen Einschließlichkeit der Gemeinde Jesu in unseren Gedanken halten würden, dann wäre es bei all unserem Tun als Christinnen und Christen wie ein Stachel, der uns immer wieder daran erinnert, was Gott von uns möchte.

Sicher tun auch viele Menschen gute Werke in diesem Sinne, die nicht an Gott, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist glauben. Man kann also nicht sagen, dass nur der gute Werke tut, der glaubt. Aber man kann mit Jakobus sagen, dass derjenige der im vollen Sinn des Wortes glaubt, gerne und mit Freude gute Werke tut. Erst dann ist der Glaube lebendig und macht unser Leben reich.

So gehören Glaube und gute Werke zusammen: Im Glauben können wir vor Gott bestehen und letztlich schenkt er uns den Glauben. Aber lebendiger Glaube hat immer Auswirkungen im Leben.

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Klare Ansage des Jakobus

Im Predigttext gibt es eine sehr harte Seite! Jakobus macht eine klare Ansage: Wenn ihr die Person anseht, dann sündigt ihr!

Wer das Gesetz an einer Stelle bricht, der ist am ganzen Gesetz schuldig und es gibt ein unbarmherziges Gericht für den, der nicht barmherzig ist. Aber im Predigttext gibt einen wichtigen Hinweis: Es geht um das Gesetz der Freiheit. Und es geht um das Tun der Barmherzigkeit.

Ich habe bei der Vorbereitung lange darüber nachgedacht, was mit dem Gesetz der Freiheit gemeint ist. Natürlich geht es Jakobus darum, dass wir barmherzig sind mit allen Menschen, aber ist das ein Gesetz? Ist ein Gesetz nicht sowieso etwas, das eher einengt. Ist nicht Freiheit das Gegenteil von Gesetz? Doch stellt Euch mal vor, es gäbe keine Regeln, zum Beispiel im Straßenverkehr. Wenn jeder machen könnte, was er will, dann gibt es Chaos und Unfälle und niemand kommt mehr von A nach B.

So ist es auch mit dem „königlichen Gesetz“ der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit. Wenn wir uns daran halten, dann erfahren wir erst, wie wunderbar das ist. Was kann denn geschehen, wenn wir uns einfach mal probehalber darauf einlassen? Wenn wir Gutes tun statt es zu unterlassen. Kann es sein, dass wir das Gute fröhlich tun? Kann es sein, dass Gutes tun unser Leben bereichert und so zu einer großen Freiheit und Liebe führt?

Das Gute tun führt uns zum anderen Menschen. Es ist eine besonders segensreiche Weise Kontakt aufzunehmen und Beziehungen zu pflegen. In der Familie, im Freundeskreis und auch mit Menschen, die uns bisher fern standen, aber dadurch zu unseren Nächsten werden.

Wir Christen dürfen wissen, dass Gott für uns das Gute will und dass, Jesus Christus für uns das Gute getan hat, deshalb können wir auch das Gute tun. So erfüllen wir das Gesetz Gottes in Barmherzigkeit und Freiheit.

Amen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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