Was ist Bekennen?

Am 25.06. feiern wir den Gedenktag des Augsburger Bekenntnisses. In diesem Bekenntnis haben die Reformatoren vor 500 Jahren zusammengefasst, was den reformatorischen Glauben vor allem ausmacht. Es gibt viele verschiedene Bekenntnisse der Kirchen. Manche sind uralt, andere wurden in unserer Zeit formuliert. Es geht immer darum, den eigenen Glauben und den Glauben „der Kirche“ zu bekennen. Warum machen wir Christen das?

Zuerst bezieht sich die ausdrückliche Formulierung des eigenen Glaubens auf ein Wort von Jesus: In Matthäus 10,32 heißt es: „Christus spricht: Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.“ Damit ist auch schon das Zentrum jeden christlichen Bekennens und Bekenntnisses ausgedrückt: Jesus Christus.

Es geht dabei auch um das Verstehen. Bekennen ist kein Gegensatz zu Denken! In 1. Petrus 3,15 wird das sogar ausdrücklich gefordert: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist,“ Deshalb hat das Bekennen immer zwei Seiten: Einerseits bekennen Christen ihren Glauben gegenüber anderen Menschen. Es ist also eine Erklärung des christlichen Glaubens. Dabei muss ich mir andererseits auch selbst klar werden über das, was ich glaube. Ich gebe also auch Rechenschaft vor mir selbst ab.

Schließlich gibt es auch noch eine dritte Ebene: Alles Bekennen des Glaubens ist auch ein Bekennen vor Gott. Es ist also ein Lob Gottes, indem es seine Taten für seine Menschen ausspricht. Das ist der Grund, warum das Glaubensbekenntnis auch ein fester Bestandteil jedes Gottesdienstes ist. Es ist immer auch eine Antwort der Gläubigen auf Gottes Handeln für uns.

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Was ist ein Bekenntnis?

Jedes Mal, wenn Christinnen ihren Glauben aussprechen, erklären, bekräftigen, sprechen sie ein Bekenntnis. Es ist nicht nötig, dass es in einer bestimmten Form geschieht. Es gibt aber auch Bekenntnisse, die in einer bestimmten Zeit der Geschichte von der Kirche festgelegt und anerkannt wurden.

Die Bekenntnisse stellen neben dem persönlichen Bekennen des Glaubens und der Erklärung des Glaubens in bestimmten geschichtlichen Situationen auch eine Art „Mindestübereinstimmung“ der Christinnen und Christen innerhalb einer Kirche dar. Grundsätzlich stimmen die evangelischen Kirchen den Lehraussagen der Bekenntnisse, die von ihnen anerkannt werden, zu.

Das bedeutet nicht, dass jede einzelne Aussage von jedem einzelnen Mitglied der Kirche uneingeschränkt bejaht wird. Natürlich gibt es auch Neuinterpretationen und es kann und darf auch Zweifel geben. Es geht hierbei sozusagen um ein gemeinsames Fundament, auch wenn immer weiter darauf gebaut und umgebaut und angebaut wird.

Evangelische Bekenntnisse

Hier möchte ich einmal aufführen, welches die wichtigsten Bekenntnisse sind, die weltweit von nahezu allen evangelischen Kirchen anerkannt werden.

Alte Kirche

Einige dieser Bekenntnisse stammen aus der Zeit der Alten Kirche (vor über 1600 Jahren), die von (fast) allen heutigen Kirchen anerkannt werden – nicht nur von den evangelischen, sondern auch von der katholischen, den orthodoxen, anglikanischen und vielen anderen Kirchen auf der ganzen Welt. Damit haben diese Bekenntnisse auch noch einen die Konfessionen verbindenden Charakter. Die zwei wichtigsten sind:

  • Apostolisches Glaubensbekenntnis: Das Apostolische Glaubensbekenntnis (Apostolikum) entstammt der altkirchlichen Taufpraxis. Die neu getauften Christen bekannten sich damit zu den Glaubensgrundsätzen der christlichen Kirche. Dieses Bekenntnis wird heute in fast allen evangelischen Gottesdiensten gemeinsam gesprochen.
  • Nizänisches Glaubensbekenntnis: Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel ist auf den Konzilien in Nizäa (325) und Konstantinopel (381) entstanden. In vielen evangelischen Kirchen ist es üblich, dieses Glaubensbekenntnis an hohen Feiertagen statt des Apostolischen Glaubensbekenntnisses zu sprechen.

Reformationszeit

Andere Bekenntnisse der evangelischen Kirche beziehen sich auf Besonderheiten der Konfession und sind vor allem in der Zeit der Reformation entstanden. Dies sind vor allem:

  • Kleiner Katechismus: Der kleine Katechismus wurde 1529 von Martin Luther geschrieben um den evangelischen Glauben für Laien verständlich zu erklären. Er ist in fünf „Hauptstücke“ eingeteilt, die die zentralen Glaubensinhalte erläutern: die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, die Taufe und das Abendmahl erklären.
  • Großer Katechismus: Der große Katechismus wurde 1529 von Martin Luther geschrieben. Er enthält ausführlichere Erklärungen als der Kleine Katechismus. Der Große Katechismus sollte vor allem Pfarrern und Lehrern (auch den Hausvätern gegenüber ihren Kindern) eine Hilfe bei der Auslegung des Kleinen Katechismus sein.
  • Heidelberger Katechismus: Neben den lutherischen evangelischen Kirchen gibt es auch noch reformierte evangelische Kirchen, die sich auf die schweizer Reformatoren Calvin und Zwingli beziehen. Der Heidelberger Katechismus ist für diese Kirchen grundlegen. Er wurde 1563 in Heidelberg veröffentlicht und erklärt den reformierten Glauben in Antworten auf 129 Fragen.
  • Augsburger Bekenntnis: Das Augsburger Bekenntnis wurde von Philipp Melanchthon verfasst um die evangelische Position auf dem Reichstag in Augsburg (deshalb Augsburger Bekenntnis) am 25. Juni 1530 zu erläutern. Das Bekenntnis wurde auf deutsch und lateinisch vor Kaiser Karl V. verlesen. Die Reichsfürsten, die sich der evangelischen Lehre anschlossen, unterzeichneten das Dokument. Es ist seitdem ein zentrales Glaubensbekenntnis der meisten evangelischen Kirchen.

Nazizeit

Durch die besondere Erfahrung des Kirchenkampfes und der Gräuel der Zeit des Dritten Reiches sind weitere Bekenntnisse entstanden:

  • Barmer Theologische Erklärung: Die Barmer Theologische Erklärung (benannt nach dem Wuppertaler Stadtteil Barmen) ist zentraler Text der Bekennenden Kirche im Dritten Reich. Sie wurde von der Barmer Bekenntnissynode am 31.05.1934 als Bekenntnis aller lutherischen, reformierten und unierten Kirchen in Deutschland angenommen. Geschrieben wurde sie hauptsächlich von Karl Barth unter dem originalen Titel: „Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK)“. Sie richtete sich gegen die Irrlehren der „Deutschen Christen“, die die Kirche dem nationalsozialistischen Staat und seiner Ideologie angleichen wollten.
  • Stuttgarter Schuldbekenntnis: Nach dem Krieg bekannte die evangelische Kirche in dem Stuttgarter Schuldbekenntnis, dass sie selbst in der Nazizeit Schuld auf sich geladen hatte. Der zentrale Satz lautet: „Wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“

Neuere Zeit

  • Leuenberger Konkordie: Die Leuenberger Konkordie entstand vom 12.-16. März 1973 bei einer Tagung im Tagungshaus Leuenberg in der Schweiz. Durch die Leuenberger Konkordie wurden die früheren Lehrunterschiede der verschiedenen evangelischen Kirchen überwunden und für nicht mehr trennend erklärt. Dadurch entstand die „Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa“. Sie stellt völlige Kirchengemeinschaft zwischen lutherischen, reformierten, unierten und waldensischen Kirchen und den Böhmischen Brüdern her.

In einzelnen evangelischen Landeskirchen gibt es darüber hinaus noch weitere lokal bedeutsame Bekenntnisse.

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Interpretationen

An dieser Aufzählung verschiedenster Glaubensbekenntnisse aus den letzten 2000 Jahren ist deutlich zu erkennen, wie unterschiedlich das Bekennen sein kann. Ein Bekenntnis bezieht sich immer auf eine konkrete geschichtliche Situation. Wir müssen immer wieder neu unseren eigenen Glauben durchdenken, uns selbst Rechenschaft darüber ablegen, was wir glauben. Nur dann können wir diesen persönlichen Glauben auch anderen Menschen erklären. Und nur dann kann die Kirche auch dazu kommen, ein gemeinsames Bekenntnis, dem die Mehrheit der Gläubigen zustimmen kann, zu formulieren.

Wenn wir diese konkreten Umstände der einzelnen Bekenntnisse beachten, dann können wir uns auch die alten Glaubensbekenntnisse zu eigen machen, selbst wenn wir nicht jedem einzelnen Satz zustimmen; selbst dann, wenn wir Zweifel haben. In der Gemeinschaft aller Christinnen und Christen zu allen Zeiten und an allen Orten können wir anerkennen, dass es verschiedene Wege und unterschiedliche Prägungen des einen Glaubens an Jesus Christus gibt.

So sind wir wieder am Anfang dieses Beitrages. Das Zentrum, was alle diese Bekenntnisse zusammenhält – bei aller Unterschiedlichkeit – ist: das Bekenntnis zu Jesus Christus.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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