Dankbarkeit für das Leben

Geht es im Wochenspruch für den 19. Sonntag nach Trinitatis um Dankbarkeit für das Leben? Er steht in Jeremia 17, 14: Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.

Auf den ersten Blick geht es hier wohl um Gesundheit und Krankheit, beziehungsweise um heil oder gesund werden. Sicher ist das auf verschiedenen Ebenen zu verstehen: Körperlich, psychisch und auch im Blick auf das Heil Gottes. Ich möchte es aber im Rahmen meines Monatsthemas “Dankbarkeit” unter dem ganzheitlichen Blick stellen: Dankbarkeit für das Leben.

Dankbar zu sein für das eigene Leben ist wohl leicht, wenn es Dir gut geht und alles super läuft. Wenn aber das Leben schwer wird, wenn es Krankheit oder Krisen gibt, dann ist das gar nicht so einfach. Vielleicht gerät die Dankbarkeit dann sogar ganz aus dem Blick. Möglicherweise sagt dann auch jemand: “Dankbarkeit? Mir geht’s so schlecht, davon will ich nichts hören!”.

Ich kann das gut verstehen. In meinem Leben gab es auch schon eine Menge Zeiten und Ereignisse, die es nicht leicht gemacht haben. Trotzdem möchte ich Dankbarkeit als Lebenseinstellung auch in den schweren Zeiten behalten.

Dankbarkeit ist mein Monatsthema im Oktober. Hier findest Du alle Beiträge der Serie:

1. Dankbarkeit als Lebenseinstellung
2. Dankbarkeit für den Glauben 1
3. Dankbarkeit für den Glauben 2
4. Dankbarkeit für die Menschen
5. Dankbarkeit für das Leben

Das Undankbarste, weil Unklügste, was es gibt, ist Dank erwarten oder verlangen. Theodor Fontane

Leben zwischen Geburt und Tod

Hört sich ziemlich platt an: Wir leben zwischen Geburt und Tod. So schlicht diese Erkenntnis ist, sie ist deshalb nicht weniger wahr. Zwischen Geburt und Tod gibt es in jedem Leben Freud und Leid, Wachsen und Vergehen, Glück und Unglück, Kraft und Krankheit. Können wir nur dankbar sein für das Gute oder gibt auch das Schwere uns Erfahrungen, die uns stärker machen? Gibt uns das Leben in seiner Fülle auch mit den schwierigen Dingen Lebensweisheit, die tiefer geht, als der oberflächliche Spaß?

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Krankheit und Gesundheit

Ich höre so oft, Gesundheit sei das Wichtigste im Leben, aber ist das wirklich so? Manchmal wird es etwas abgeschwächt, wenn es heißt: “Gesundheit ist zwar nicht das Wichtigste, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.” Dieser Satz wirkt auf mich, als ob der Sprecher selbst irgendwie merkt, dass das nicht wahr ist, es aber nicht zugeben will. Außerdem finde ich den Satz gegenüber Menschen, die tatsächlich schwer krank sind, ziemlich zynisch.

Ist Gesundheit wirklich das Wichtigste im Leben? Ist es nicht auch möglich, mit Krankheit ein wertvolles Leben zu haben? Ist Leben nicht immer und an und für sich wertvoll? Vielleicht ist es einem Kranken nicht möglich von Herzen zu sagen, er hätte ein gutes Leben. Das ist angesichts von Schmerzen wohl wirklich nicht möglich. Aber wertvoll ist das Leben immer.

Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass gerade kranke Menschen mir sehr viel gegeben haben. Wenn die Krankheit nicht zu Verbitterung führt, sondern als Teil des Lebensweges angesehen wird – so schwer es auch ist, dann gibt gerade das Leid eine Tiefe der Lebensweisheit, die der Kranke auch weitergeben kann.

Dankbarkeit für das Leben umschließt deshalb für mich sowohl die gesunden, wie auch die kranken Zeiten unseres Lebens.

Leid und Glück

Schwierig ist im Leben nicht nur die Krankheit und die abnehmende Kraft im Alter, sondern auch leidvolle Erfahrungen. Jede und jeder von uns hat schon solche Zeiten erlebt. Es mag unterschiedlich intensive Leiderfahrungen geben, aber es gibt wohl kaum ein Leben ohne.

Manche Menschen versuchen sich selbst Mut zu machen, indem sie ihr Leid mit dem anderer vergleichen. “Wenn ich den anderen sehe, dann geht es mir noch relativ gut!” Wie oft habe ich das als Pfarrer in der Seelsorge gehört. Das mag ja auch ehrenvoll sein und das Leid relativieren. Trotzdem denke ich, dass das eigene Leid einem immer das “nächste” ist. Deshalb nützt es wenig, wenn es anderen noch schlechter geht.

Ich habe Menschen erlebt, die trotz schier unglaublicher Leiderfahrung dankbar und zufrieden alt wurden. Als ich noch im aktiven Dienst als Pfarrer war, habe ich hin und wieder ein altes Ehepaar, jenseits der 90 besucht, die als Deutschstämmige aus der ehemaligen Sowjetunion zu uns gekommen waren.

Sie haben in ihrem langen Leben unsägliches Leid erfahren. Vertreibung aus der angestammten Heimat, religöse und politische Verfolgung und Unterdrückung, bittere Armut, den Tod mehrerer Kinder, Zwangsarbeit, Krankheit und materielle Not. Es schaudert mich jetzt noch, wenn ich mich an ihre Erzählungen erinnere.

Trotzdem waren diese beiden Menschen wohl die dankbarsten und zufriedensten Menschen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich kein Patentrezept habe, wie ich selbst so werden kann. Ich fürchte, es wird mir nicht in diesem Maße gelingen. Ich bin aber überzeugt davon, dass der erste und entscheidende Schritt zu einer solchen Dankbarkeit für das Leben darin besteht, das Gute zu genießen und das Leid als Teil des Lebens anzunehmen.

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Was gehört zum Leben?

All das gehört zum Leben und es gibt kein Leben ohne Krankheit und Leid. Sehr verbitterte Menschen sind vielleicht der Meinung, dass sie nichts Gutes in ihrem Leben erfahren haben. Sorry, aber das glaube ich nicht. Ich bin davon überzeugt, dass es in jedem Leben auch Gutes gibt.

Erfahrungen

Auf jeden Fall machen wir im Leben Erfahrungen. Schon am ersten Tag nach der Geburt und jeden weiteren Tag bis zum Tod. Diese Erfahrungen machen etwas mit uns. Sie machen uns zu den Menschen, die wir heute sind. Ob sie schön sind oder schwierig, sie gehören zu uns ohne Wenn und Aber. Und das ist gut so. Nur so können wir wachsen und uns entwickeln. Allein das ist ein Grund für Dankbarkeit für das Leben.

Glaube

Für viele Menschen, auch für mich, gehört der Glaube zu den guten Dingen im Leben. Ich weiß, dass es auch Menschen gibt, die negative Erfahrungen damit machen, dass Glaube in einer unguten Art gelehrt und gelebt wird. Mir geht es hier aber um den Glauben, der Mut und Hoffnung und die Liebe zum Fundament des Lebens macht.

Menschen

Menschen gehören zu unserem Leben. In meinem Leben habe ich mit so vielen Menschen gute Erfahrungen gemacht. Es gibt so viele Menschen, die mein Leben reich und bunt gemacht haben, denen ich viel zu verdanken habe. Heute gibt es in meinem Leben immer noch Menschen, die ich liebe und die für mich wertvoll sind. Allein diese Menschen geben mir Dankbarkeit für das Leben.

Materielle Dinge

Dankbarkeit für das Leben können wir auch empfinden, wenn wir an materielle Dinge denken. Ich möchte das nicht so schnell beiseite wischen, als ob das nicht so wichtig wäre. Natürlich sind auch mir Menschen wichtiger, aber ich muss doch zugeben, dass ich auch dankbar bin, ein Dach über dem Kopf, genug zu Essen und zu Trinken und eine Heizung im Keller zu haben. Auch einen Job zu haben gehört sicher dazu.

Alle diese materiellen Dinge gehören ja zur Schöpfung und deshalb ist es auch gut, dafür dankbar zu sein. Für mich ist das auch ein Grund zur Dankbarkeit für das Leben gegenüber Gott.

Säen und Ernten

Ich habe das Thema Dankbarkeit zum Monatsthema für Oktober auf meinem Blog gemacht, weil mich das Erntedankfest dazu angeregt hat. In diesem Zusammenhang sind mir die Stichworte “Säen und Ernten” besonders aufgefallen. Das gehört in einem übertragenen Sinn doch ebenfalls zu unserem Leben.

Mit all dem, was wir tun und reden, säen wir etwas in unserem Leben und in unseren Mitmenschen, denen wir begegnen. Diese Saat geht irgendwann auf. Es scheint mir wichtig, sich darüber Gedanken zu machen, was wir “säen”. Geht eine gute Frucht daraus auf, dann können wir dafür dankbar sein.

Hierbei geht es mir besonders um Werte, die mir im Laufe des Lebens mitgegeben wurden oder die ich mir selbst erarbeitet habe. Diese Werte möchte ich gerne säen und ernten.

Das Reifwerden eines Christen ist im Grunde ein Dankbarwerden. Friedrich von Bodelschwingh

Dankbarkeit für das Leben auch im Leid?

Wie Du sicher gemerkt hast, ist für mich Dankbarkeit für das Leben mehr und tiefer, als nur Spaß zu haben oder in einem oberflächlichen Sinn glücklich zu sein. Es geht mir darum, das ganze Leben zu umfangen und zu lieben. Dazu gehören alle unsere Erfahrungen zwischen Geburt und Tod. Nichts darf ausgeschlossen sein.

Ich komme noch einmal auf den Wochenspruch zurück. Wenn es um Heilung und Heil geht, dann nicht nur in körperlicher Hinsicht. Es geht darum heil zu werden an Körper, Seele und Geist. Das hat nicht unbedingt etwas mit Gesundheit zu tun, sondern besteht vor allem in der Annahme des eigenen Lebens und des persönlichen Lebensweges mit allem, was dazugehört.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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