Predigt 21. Sonntag nach Trinitatis Matthäus 5,38-48

Predigt 21. Sonntag nach Trinitatis Matthäus 5,38-48 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe VI, Thema: Zur Liebe berufen. Gehalten im Gottesdienst am DDD in ZZZ.

Sonn-/Feiertag: 21. Sonntag nach Trinitatis

Perikopenreihe: VI

Predigttext Matthäus 5,38-48

38 Ihr habt gehört, dass gesagt ist (2. Mose 21,24): »Auge um Auge, Zahn um Zahn.«
39 Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.
40 Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel.
41 Und wenn dich jemand eine Meile nötigt, so geh mit ihm zwei.
42 Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will.
43 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« (3. Mose 19,18) und deinen Feind hassen.
44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen,
45 auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
46 Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner?
47 Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?
48 Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

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Predigt 21. Sonntag nach Trinitatis Matthäus 5,38-48

 

Die Zumutung der Liebe

Liebe Gemeinde!

Was denkt Ihr, wenn Ihr einen solchen Bibeltext hört? Vielleicht: Das ist unmöglich, was Jesus da fordert. Soll man sich etwa ausnutzen lassen? Oder: Das wäre ja schön, wenn jeder sich daran halten würde, aber die Verhältnisse sind nun mal nicht so. Wo würden wir denn da hinkommen? Manche machen auch eine einfache Rechnung auf: Wenn man Gutes tut, bekommt man es immer wieder belohnt. Also: Die Rechnung geht irgendwann auf?

Wie auch immer, was Jesus hier sagt ist eine ungeheure Zumutung. Die ganze Bergpredigt, zu der dieser Predigttext gehört ist eine einzige Zumutung. Was er den Christen zumutet scheint unmöglich zu sein. Das ist schon im Alltag eines Einzelnen kaum konsequent durchzuhalten. Erst recht aber nicht, wo viele zusammen leben oder gar in der Politik. Manche Ausleger meinten deshalb, die Bergpredigt sei gar nicht konkret für unser Leben gedacht, sondern nur eine Art Grundgesetz für eine bessere Welt, die Jesus das Reich Gottes nennt.

Aber ist das tatsächlich so? Ich muss sagen, dass ich mich damit nicht ganz zufrieden geben möchte. So wie Jesus hier redet, gibt er keinen Anlass zu denken, er meine es nicht ganz und gar ernst damit. Wenn wir uns die Bergpredigt mal genauer anschauen, dann fällt auf, dass neben der Zumutung noch etwas ganz deutlich zu hören ist: Zuspruch.

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Der Zuspruch der Liebe

Das, liebe Gemeinde, ist ganz typisch für Jesus. Er stellt nicht nur Ansprüche, sondern er fängt mit dem Zuspruch an. Nicht nur, dass die Bergpredigt mit den Seligpreisungen beginnt, in denen Jesus deutlich macht, welche großartige Verheißung Gott dem Menschen gibt, der sich an seine Richtlinien hält. Auch in unserem Text wird das deutlich. Wenn wir tun, was Jesus sagt, dann werden wir Kinder Gottes sein. Oder auch umgekehrt: weil wir Kinder Gottes sind, tun wir Jesu Worte nicht einfach als utopisch ab.

In diesem Zuspruch: „Ihr seid Kinder Gottes!“ steckt etwas, was für mich der Schlüssel zu diesem Text und zur ganzen Bergpredigt ist. So wie ein Vater seine Kinder liebt, so liebt Gott uns und so wie Kinder einen guten Vater lieben, so sollen und dürfen wir Gott lieben.

Das Grundgesetz der Liebe

Das Grundgesetz des Reiches Gottes ist die Liebe. Das zieht sich durch die ganze Bergpredigt. Jesu Zusage ist die Botschaft, dass Gott uns liebt und seine Zumutung ist, dass wir lieben sollen. Aber nicht nur die, die uns auch lieben, sondern sogar die, die uns unsympathisch oder gar feindselig gesinnt sind.

So ist der Predigttext keine unbarmherzige Forderung, denn das entspricht nicht der Liebe. Er ist aber auch keine bloße Utopie, denn die Liebe ist immer konkret. Was die Liebe bewirkt und was Jesus durch die Bergpredigt bei uns bewirken möchte ist Veränderung. Wie aber sollen wir uns verändern?

Da ist in dem Text der Rock und der Mantel: Wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel. In unserer Welt geht es um Wachstum und Vermehrung. Immer mehr und immer noch mehr. Niemals zufrieden sein mit dem, was man hat. Im Reich Gottes dagegen lernen wir das Abgeben und das Teilen. Gott hat diese Welt reich gemacht, für alle ist genug da, nur wir haben sie arm gemacht.

Da ist die Meile, die einer uns nötig mitzugehen und wir sollen auch noch die zweite mitgehen. Das ist ein Hinweis auf das kostbarste Gut, das wir haben. Und gerade heute ist es aktueller denn je. Es geht darum Zeit zu haben für andere, die Zeit mit anderen teilen. Das ist in unserer hektischen Welt eine ziemliche Zumutung. Und doch sehnen sich die meisten Menschen danach, Zeit zu haben, für sich selbst und für andere. Warum tun wir das nicht einfach? Es gibt kaum etwas, das so einfach ist und uns dennoch so schwer fällt. Nehmen wir uns Zeit füreinander!

Feindesliebe

Und dann ist da als Gipfel der Herausforderung: die Feindesliebe!

Meistens sind die Verhältnisse unter den Menschen ja klar geregelt: Hier die Guten, da die Bösen, hier Freund, da Feind. Schwarz – Weiß. Wie schnell hat man Menschen in dieses Schema eingeordnet; meistens natürlich die anderen.

  • Da ist zum Beispiel der Ali aus der neunten Klasse, der sieht schon so komisch aus, der hat bestimmt Dreck am Stecken. Mit Sicherheit ist das auch einer von denen, die die Schule mit Drogen versorgen.
  • Überhaupt: die Ausländer, die nehmen uns erstens die Arbeitsplätze weg und außerdem sind die doch alle kriminell.
  • Oder der Nachbar: Hat der sich doch tatsächlich erdreistet direkt auf die Grenze des Grundstücks eine Hecke zu pflanzen. Na ja kein Wunder, der war mir von Anfang an nicht geheuer.
  • Oder die da, in der soundsovielten Kirchenbank: Das ganze runde Jahr ist die nicht in der Kirche gewesen, aber jetzt, wo sie was von der Kirchengemeinde haben will, jetzt taucht die auf einmal hier auf.

Es geht wohl jedem schon mal so: Manchmal kann man einen einfach nicht leiden. Der ist einem einfach unsympathisch. Manche sagen dann: „Das darf man eben nicht raus lassen.“ Und mit dem Hinweis auf Jesu Gebot der Feindesliebe wird dann aller Ärger in sich hineingefressen.

Liebe Gemeinde, das kann es ja doch nicht sein! Liebt eure Feinde, das heißt mehr als nur stillhalten und ruhig sein.

Aktiv aufeinander zugehen

Liebt eure Feinde, das heißt mit ihnen das Leben teilen. Nicht nur dulden, sondern aktiv sein. Feindschaften werden gerade nicht nur verschwiegen, Unterschiede nicht einfach eingeebnet. Es geht um das Tun, den neuen Umgang mit dem Menschen, der mir unsympathisch, feindselig gesinnt ist. Das bedeutet Liebe, die verändert.

Gerade was die Feindesliebe betrifft ist die Bergpredigt nicht nur für den privaten Alltag und die christliche Gemeinde von Bedeutung, sondern auch eine politische Zumutung. Man braucht aber nicht erst Bundeskanzler zu werden um in dieser Hinsicht etwas tun zu können. Es geht auch nicht zuerst ums Meckern über „die da oben“. Ein schönes Beispiel für das, was ich meine habt Ihr in Eurer Kirchengemeinde. In den letzten Wochen habe ich ab und zu in der Zeitung über Euren dritte Welt Laden in Schönbach gelesen. Es mag ein kleiner Schritt sein, aber es ist ein enorm politischer Schritt, wenn eine Gemeinde sich entscheidet einen solchen Laden zu führen. Es ist ein Schritt, der Grenzen überwindet und Schranken aufhebt. Und es ist ein kleiner Schritt zur Veränderung, wenn Sie sich entscheiden hin und wieder, oder auch regelmäßig, dort einzukaufen.

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Liebe ist vollkommen

Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Das ist sicher der höchste Anspruch, den Jesus an uns stellt. Wie ist vollkommen gemeint? Das geht doch wohl nicht! Das schaffen wir Menschen nie! Ein Mensch kann nicht vollkommen sein. Dann müssten wir ja alles richtig machen, immer auf der guten Seite stehen!

Liebe Gemeinde, mal Hand aufs Herz: könnt Ihr eindeutig sagen, dass Ihr immer auf der guten Seite steht? Also, ich bin mir meiner selbst da nicht immer so sicher. Es hat mal jemand gesagt: Meistens komme ich mir weder schwarz noch weiß vor, sondern vielmehr grau.

Ich denke, das kommt der Wahrheit näher. Wenn ich kritisiert werde, wie leicht liegt mir dann der Satz auf den Lippen: So schlecht bin ich doch auch nicht. Und wenn ich etwas falsch gemacht habe, ist schnell gesagt: Jeder Mensch macht mal Fehler.

Ja, ich denke, so ist das, jeder macht mal Fehler. Aber wenn man einem anderen etwas angetan hat, wie auch immer, das ist meistens nicht so einfach abzutun. Oder wenn ein anderer uns Unrecht tut. Da bleiben Kränkungen, ein fader Nachgeschmack, letztlich Feindschaft.

Vergeben und vergessen: so einfach ist das meist nicht. Oft kommt nach Jahren wieder etwas hoch: Der hat damals hinter meinem Rücken über mich geredet. Die war damals schuld daran, dass ich… usw.

Immer auf der guten Seite stehen, nie einen Fehler machen, so ist das „vollkommen“ nicht gemeint. Vielmehr hängt auch diese Zumutung Jesu mit seinem Zuspruch zusammen. Die Liebe ist vollkommen. Die Liebe Gottes zu uns selbstverständlich. Aber auch überall und immer, wenn ein Mensch Liebe übt, da ist Vollkommenheit.

Im Blick auf das „Liebt eure Feinde“ heißt vollkommen vielleicht konkreter: flexibel, klug, diplomatisch.

 

Überwinde die Grenzen

Zum Schluss möchte ich ein paar Zeilen vorlesen, die der ugandische Bischof Festo Kivengere geschrieben hat. Es ist im Grunde eine einfache Geschichte, die jeden Tag passieren könnte, aber sie zeigt, wie durch die Liebe Gottes unser Leben verändert werden kann. Festo Kivengere erzählt von seinem Verhältnis zu einem englischen Missionar. Kivengere, selbst ein Farbiger, sagt, er habe diesen Weißen jahrelang gehasst. Die Rassenschranke zwischen Schwarz und Weiß war für ihn unüberwindlich. Nachdem Festo Kivengere Christ geworden ist, plagte ihn dieses gestörte Verhältnis und er beschreibt, wie Gott es ihm aufs Herz gelegt hat den Engländer zu besuchen und mit ihm zu sprechen. Er macht sich mit dem Fahrrad auf den weiten Weg.

„Die achtzig Kilometer nach Kabale waren mir noch nie so schwer erschienen. Die Flüsse schienen viel breiter als gewöhnlich, und die Abhänge steiler, als ich sie je gesehen hatte. Als ich an dem Haus ankam, war ich müde, hatte Angst und hoffte, dass der Mann nicht zu Hause sei. Er war zu Hause, und plötzlich stand ich in seinem feinen englischen Wohnzimmer und erzählte ihm, dass ich nun Christ sei und ihn als meinen Bruder betrachtete. „Es tut mir leid“, sagte ich. „Seit fünf Jahren habe ich Sie gehasst und schlecht über sie geredet. Ich muss ihnen das Leben schrecklich schwer gemacht haben. Bitte vergeben sie mir.“

Obwohl er durch und durch englisch war, standen ihm die Tränen in den Augen, und wir umarmten einander. Als ich mich verabschiedete, war ich nicht mehr sein Feind, sondern sein geliebter Bruder. Welch eine Verwandlung. Auf dem Heimweg flog mein Fahrrad nur so dahin, als hätte es einen Motor. Mein Herz hüpfte, meine Welt war anders geworden, und in dem Haus dahinten wohnte nicht nur ein einsamer „Europäer“, sondern ein Bruder. Seit damals habe ich oft erlebt, dass das Kreuz Jesu das Ende des Rassismus und anderer Schranken ist.“

Amen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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