Dieser Beitrag „Braucht Glaube Zeichen und Wunder?“ erscheint in der Reihe „An-ge-dacht“, in der ich täglich Gedanken zu einer Perikope des jeweiligen Sonntags schreibe. Weitere Informationen darüber und eine Übersicht aller bisher erschienenen Beiträge findest Du hier: An-ge-dacht.

Lesung VII, Quasimodogeniti

Markus 16, 9-20

9 [Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria Magdalena, von der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte.
10 Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren, die da Leid trugen und weinten.
11 Und als diese hörten, dass er lebe und ihr erschienen sei, glaubten sie nicht.
12 Danach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie aufs Feld gingen.
13 Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber auch denen glaubten sie nicht.
14 Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, dass sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen.
15 Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur.
16 Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.
17 Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben, in neuen Zungen reden,
18 Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird’s ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, so wird’s gut mit ihnen.
19 Nachdem der Herr Jesus mit ihnen geredet hatte, wurde er aufgehoben gen Himmel und setzte sich zur Rechten Gottes.
20 Sie aber zogen aus und predigten an allen Orten. Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen.]

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Braucht Glaube Zeichen und Wunder?, Quasimodogeniti, Lesung VII, Markus 16,9-20

​Die Verse der heutigen Lesung zum Sonntag Quasimodogeniti sind in den ältesten Handschriften nicht vorhanden. Sie wurden Im 2. Jahrhundert hinzugefügt. Es geht um Glaube aufgrund von Zeichen und Wunder, aber auch um Glaube ohne zu sehen, ohne Beweise.

Vielleicht meinten die Christen des 2. Jahrhunderts, der Schluss des Markusevangeliums, ohne direkte Begegnung mit dem Auferstandenen, sei nicht befriedigend. Vorher endete das Evangelium mit Furcht und Zittern der ersten, die am leeren Grab waren. Das war wohl zu beunruhigend. Allerdings würde dieser ursprüngliche Schluss die Aussage, dass es vor allem auf den Glauben ankommt und nicht auf die Zeichen und Wunder, besonders betonen.

Deshalb kam es zu der Angleichung an die anderen Evangelien. Die Verse wirken wie eine Zusammenfassung der Auferstehungsberichte aus Lukas und Matthäus. Dennoch gibt es immer noch deutliche Unterschiede und auch dieser neue Markusschluss hat seine eigenen Aussagen.

Eine Frau, Maria Magdalena, wird als erste Zeugin der Auferstehung vorgestellt! Sie ist nicht nur die erste am leeren Grab, sondern die erste, der Jesus selbst begegnet. Das war für die Zeit vor 2000 Jahren sehr gewagt. Damit machten sich die Christen der damaligen Zeit ziemlich angreifbar. Folgerichtig glaubten die Jünger ihr nicht.

Dieser Unglaube hat aber sicher noch andere Gründe, denn sie glaubten auch den zwei Männern nicht, denen Jesus danach begegnete. Zwei männliche Zeugen – das war damals auch vor Gericht ausreichend. Hier geht es um die Emmaus-Jünger, die Jesus auf dem Heimweg von Jerusalem begleitet. Sie erkannten ihn durch das Brotbrechen beim Abendessen. Ein deutlicher Hinweis auf das Abendmahl.

Ist das auch angedeutet, als Jesus dann endlich die verbliebenen elf – so ungläubigen – Jünger besucht? Immerhin saßen sie zu Tisch, als Jesus kam. Erkennen sie Jesus durch das Brotbrechen? Das wird nicht ausdrücklich berichtet. Doch die Mahlgemeinschaft ist in den Evangelien immer sehr wichtig gewesen. Im weiteren Text geht es sehr viel um die Zeichen und Wunder, aber sind nicht für uns Taufe und Abendmahl gerade die mitfolgenden Zeichen des Wortes?

Jesus schimpft mit den Jüngern wegen ihres Unglaubens und ihres „Herzens Härte“. Das ist ein interessanter Ausdruck. Ich denke dabei zuerst an ein Herz aus Stein. Das ist aber wohl nicht gemeint. Ein Herz aus Stein ist sehr negativ. So ein Herz hat ein Verbrecher, ein böser Mensch. Bei den Jüngern ging es eher darum, dass sie die Botschaft der Auferstehung nicht an sich ran lassen wollten. Sie hatten bestimmt Angst, enttäuscht zu werden; Angst, sich zu täuschen.

Trotz allem gibt Jesus den ungläubigen Jüngern den Auftrag den Glauben auszubreiten. Das ist schon interessant. Ich nehme dies als einen Hinweis auch für mich selbst und für uns heute. Wir müssen keine Glaubenshelden sein und keine „großen Apostel“. Der Auftrag, die frohe Botschaft von Gottes Liebe weiterzugeben in Wort und Tat, gilt allen Christinnen und Christen – auch denen mit Zweifeln und Problemen.

Spannend finde ich auch, wie dieser Auftrag hier im Unterschied zum Matthäus-Evangelium ausgedrückt wird. Es geht um die Verkündigung des Evangeliums an alle Kreatur. Wörtlich ist damit die ganze Schöpfung gemeint. Möglicherweise dachten die Christen damals bei diesem griechischen Ausdruck nur an die Menschheit, aber immerhin die ganze Menschheit. Jeder einzelne Mensch ist ganz persönlich gemeint.

Ich möchte aber noch einen Schritt weiter gehen. Ich möchte das Wort „Kreatur“ wörtlich nehmen. Diese Ausweitung finde ich gerade heute besonders sprechend. Aller Kreatur predigen heißt, allem Geschaffenen das Evangelium verkündigen – auch den Tieren und Pflanzen, der ganzen Erde, dem ganzen Kosmos. Damit würde der Auftrag der Verkündigung mit dem Anspruch Jesu zusammenpassen, dass die Liebe Gottes der ganzen Schöpfung gilt.

Wie kann das gehen? Ich war immer etwas kritisch gegenüber Tiersegnungen und ähnlichen neuen gottesdienstlichen Formen, die sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben, aber vielleicht sollten ich doch nochmal darüber nachdenken. Auf jeden Fall liegt mir der Einsatz gegen Klimawandel, für Umweltschutz, für Tierschutz sehr am Herzen. Ist das nicht auch ganz in Jesu Sinn? Schließlich ist auch ein Gebet für Menschen, Tiere, Umwelt sicher nicht schlecht!

Ich möchte mit den letzten Versen des Textes nochmal auf die Zeichen und Wunder kommen. Einerseits sagt Jesus, dass es auf den Glauben ankommt. Bei dem ungläubigen Apostel Thomas im Johannesevangelium sagt er sogar ausdrücklich, dass glauben ohne sehen selig macht. Jetzt aber gibt es „Zeichen und Wunder“, die die Botschaft beglaubigen sollen. Warum?

Außerdem frage ich mich etwas kritisch: Warum kann ich keine Dämonen austreiben (gibt es überhaupt Dämonen)? Warum kann ich nicht Kranken die Hand auflegen und sie werden wieder gesund? Warum kann ich kein Gift trinken, ohne dass mir was passiert? Kannst Du das?

Was sind das überhaupt für seltsame Zeichen und Wunder? Dämonen austreiben und Kranke heilen – das hat Jesus ja immer wieder gemacht, aber in Zungen reden, Schlangen aufheben und etwas tödliches trinken? Warum werden ausgerechnet diese Dinge genannt? Warum sind solche Zeichen und Wunder überhaupt nötig?

Im Text ziehen die Jünger nach Jesu Himmelfahrt direkt los und der Herr bekräftigt das Wort durch die mitfolgenden Zeichen. Muss der Glaube durch Zeichen und Wunder bekräftigt werden? Mitfolgend: Heißt das, dass die Zeichen durch das Wort geschehen? Ist das Wort übergeordnet? Hängt das Wort, logos, mit Jesus zusammen, wie im Johannesevangelium? Für mich bleiben diese Fragen offen.

Ich will nicht leugnen, dass auch heute noch Zeichen und Wunder durch die Kraft Gottes geschehen könnten. Allerdings gehören sie nicht zu meiner Lebenswirklichkeit. Ich möchte auch nicht den Glauben messen und gehe deshalb nicht davon aus, dass solche Erfahrungen mit einem besonders großen Glauben zusammenhängen. Dafür nimmt Jesus auch den Kleinglauben und den Zweifel viel zu ernst. Ich beschränke mich für meinen persönlichen Glauben deshalb bis auf weiteres auf zwei „Zeichen und Wunder“: Taufe und Abendmahl. Ganz besonders hoffe ich, dass wir bald wieder gemeinsam Abendmahl feiern können.

Hier noch eine schöne Predigt zu dem Lesungstext: https://www.predigtpreis.de/predigtdatenbank/predigt/article/predigt-ueber-markus-169-20.html

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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