Predigt 10. Sonntag nach Trinitatis 2. Mose 19,1-6

Predigt 10. Sonntag nach Trinitatis 2. Mose 19,1-6 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe III, Thema: Gottes Bund durch alle Zeit. Gehalten im Gottesdienst am 21.08.2022 in Sechshelden.

Sonn-/Feiertag: 10. Sonntag nach Trinitatis

Perikopenreihe: III

Predigttext 2. Mose 19,1-6

1 Im dritten Monat nach dem Auszug der Israeliten aus Ägyptenland, an diesem Tag kamen sie in die Wüste Sinai.
2 Sie brachen auf von Refidim und kamen in die Wüste Sinai, und Israel lagerte sich dort in der Wüste gegenüber dem Berge.
3 Und Mose stieg hinauf zu Gott. Und der Herr rief ihm vom Berge zu und sprach: So sollst du sagen zu dem Hause Jakob und den Israeliten verkündigen:
4 Ihr habt gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe und wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln und euch zu mir gebracht.
5 Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein.
6 Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein. Das sind die Worte, die du den Israeliten sagen sollst.

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Predigt 10. Sonntag nach Trinitatis 2. Mose 19,1-6

Gottes Zeit

Liebe Gemeinde!

Heute ist Sonntag, heute ist in der Kirche der Israelsonntag. Im Predigttext geht es um einen bestimmten Tag: an diesem Tag im dritten Monat nach dem Auszug aus Ägypten. Dieser Tag damals war ein besonderer Tag. Für Israel war es der Tag, an dem Gott seinen Bund mit dem Volk schloss.

Es war Gottes Zeit! Im Neuen Testament wird unterschieden zwischen Kairos und Chronos. Chronos ist die regelmäßig ablaufende Zeit, die wir heute mit Uhren messen. Der Kairos aber, dass ist der besondere Moment, die göttliche Zeit.

Das kennen wir alle auf die eine oder andere Weise.

  • Der Moment, wenn ein Kind geboren wird.
  • Der Tag der Trauung.
  • Die Einweihung eines Gebäudes.
  • Der erste Kuss.
  • Die bestandene Prüfung.

Manchmal ist es aber auch nicht so erfreulich. Es gibt Momente, an die wir uns erinnern, die das Leben schwer machten:

  • Der Tod eines geliebten Menschen.
  • Der Moment, an dem die Flut durchs Aartal rollte.
  • Der Tag, an dem wir wegen Corona in Quarantäne mussten.

Es gibt solche speziellen Momente auch im Glauben. Das ist der Kairos Gottes, wenn wir erleben, dass Gott tatsächlich da ist. Das hat damals Israel gemerkt, als das Volk aus der Sklaverei in Ägypten geführt wurde. Solche Momente können sicher auch viele unter uns erzählen.

Adlerflügel

Es gibt in diesem Predigttext einen kleinen Teilsatz, der es mir besonders angetan hat. Gott sagt: Ich habe euch getragen auf Adlerflügeln. Ein Adler ist für uns ein Bild von Kraft und Majestät. So fühlen wir uns in den einzigartigen, wunderbaren, erfolgreichen Zeiten unseres Lebens. Spüren wir dann, wie Gott uns auf diesen Adlerflügeln trägt? Oder ist das einfach nur Zufall?

Ein Adler ist aber auch ein Symbol für die Fürsorge für seine Jungen im Nest. Das brauchen wir wohl auch hin und wieder, wenn es im Leben nicht so gut geht. Spüren wir dann, dass Gott uns auch in den schweren Stunden auf Adlerflügeln trägt?

Es ist auf jeden Fall ein Bild, das uns Hoffnung machen soll – auch angesichts vieler Katastrophen und Probleme. Wunderbar ausgedrückt wird das in Jesaja 40:31: aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

So wie Kairos und Chronos gibt es noch ein anderes Wortpaar, das ich mit diesem Predigttext in Verbindung bringen möchte:

Von Gott geschenkt

Gott sagt: Ich habe euch zu mir gebracht aus der Sklaverei in Ägypten. Ich habe euch befreit. Dazu gehört auch: Ich habe euch auf Adlerflügeln getragen und ich werde es auch weiterhin tun. Ihr könnt euch auf mich verlassen.

Das bedeutet, dass der Glaube nicht selbstgemacht ist, sondern von Gott geschenkt wird. Israel ist nicht von Gott erwählt, weil es ein besonders tolles Volk ist. Wir sind nicht von Gott geliebt, weil wir etwas Besonderes vorzuweisen hätten – nicht einmal unseren Glauben. Es ist alles ein Geschenk der Liebe Gottes. Das ist der Zuspruch.

Von Gott gefordert

Der Anspruch wird in dem Predigttext aber auch formuliert: Ich sollt mir gehorchen und den Bund halten: Was bedeutet das? Das ist der Anspruch. Es ist eine große Frage, ob das für uns moderne Menschen so attraktiv ist. Viele würden wohl sagen: Siehst du! So ist das mit der Religion, der Kirche, Gott… Diktatur. Ich gehe aber meinen eigenen Weg.

Zuerst: Geliebt

Interessant ist, wie Zuspruch und Anspruch in der Bibel immer wieder begegnen. Überall aber ist der Zuspruch dem Anspruch vorgeordnet. Das bedeutet, dass Gott nichts von uns verlangt, was wir nicht leisten könnten. Niemals wird Gottes Liebe an eine Voraussetzung gebunden. Es ist immer nur umgekehrt.

Ich möchte es mal anders formulieren: Wenn ich spüre, wie Gott mich auf Adlerflügeln trägt, dann ist es doch überhaupt keine Last, auf das zu achten, was Gott uns aufträgt zu tun. Der Anspruch, den Gott auf das Volk Israel und auf uns erhebt, ist doch immer geleitet vom Wohl des Menschen.

Im Text heißt es dann weiter: Ihr sollt mein Eigentum sein. Aber ich gehöre mir doch selbst! Es scheint fast so, als wären alles positiven Aussagen heute nicht mehr akzeptabel. Vielleicht eher: Ich gehöre zu Gott. Vergleichbar mit dem Zuspruch, den Liebende einander geben: Wir gehören zusammen. Ich gehöre dir und du gehörst mir.

Gottes Bund

Gott schließt mit diesen Worten einen Bund mit seinem Volk Israel. Wir Christen sind nur durch Christus in diesen Bund hineingenommen. Zuerst gilt er den Juden, dann erst den Christen. Aber so gilt er auch uns. Wir gehören zu Gott. Das bedeutet “heilig” sein – nicht zuerst besonders gut oder fromm zu leben. Auch hier gilt wieder der Zuspruch vor dem Anspruch: Wir gehören zu Gott, so wie wir sind. Weil wir aber zu Gott gehören, wollen wir auch so leben, wie es ihm gefällt und seinem Wort und Bund entspricht. Aber, was bedeutet das konkret?

Ich scheue mich immer, ganz konkrete Dinge zu nennen. Darüber muss jeder und jede für sich selbst nachdenken.

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Beispiel

Es heißt auch, dass die ganze Erde Gott gehört. Sie ist seine gute Schöpfung! Daraus ergibt sich auch, dass wir entsprechend damit umgehen sollen. Wir tun heute genau das Gegenteil. Wir tun so, als würde die Erde uns gehören. Was könnte das für eine Veränderung bringen, wenn wir Menschen so leben würden in unserer Umwelt, als ob sie uns nur geliehen wäre – von Gott, dem Schöpfer, dem die Erde gehört. Aber auch, wenn wir so leben würden, dass wir die Erde unseren Nachkommen heil und für ein gutes Leben hinterlassen.

Schließlich gehört dieser Bund Gottes zuerst dem Volk Israel!!!! Es ist immerhin ein Predigttext zum 10. Sonntag nach Trinitatis, dem Israelsonntag.

Die Zusagen Gottes galten vor allem allen Juden und Jüdinnen durch die Jahrtausende – den aus Ägypten befreiten Sklaven, denen in babylonischer Gefangenschaft, unter römischer Herrschaft (also auch Jesus), im von Kreuzfahrern und Muslimen umkämpften Jerusalem des Mittelalters, den Opfern der Pogrome früherer Zeiten und den Ermordeten von Ausschwitz. Genauso gelten die Zusagen Gottes auch Juden und Jüdinnen heute in Israel genauso, wie in Deutschland.

Gott bleibt sich selbst treu! Darauf können sich das Volk Israel genauso, wie wir Christinnen und Christen, verlassen.

Amen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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