Dieser Beitrag „Grabesruhe oder Hölle?“ erscheint in der Reihe „An-ge-dacht“, in der ich täglich Gedanken zu einer Perikope des jeweiligen Sonntags schreibe. Weitere Informationen darüber und eine Übersicht aller bisher erschienenen Beiträge findest Du hier: An-ge-dacht.

Lesung III, Karsamstag

1. Petrus 3, 18–22

18 Denn auch Christus hat einmal für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch zu Gott führte; er ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist.
19 In ihm ist er auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis,
20 die einst ungehorsam waren, als Gott in Geduld ausharrte zur Zeit Noahs, als man die Arche baute, in der wenige, nämlich acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch.
21 Das ist ein Vorbild der Taufe, die jetzt auch euch rettet. Denn in ihr wird nicht der Schmutz vom Leib abgewaschen, sondern wir bitten Gott um ein gutes Gewissen, durch die Auferstehung Jesu Christi,
22 welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel, und es sind ihm untertan die Engel und die Gewalten und die Mächte.

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Grabesruhe oder Hölle?, Karsamstag, Lesung III, 1. Petrus 3,18–22

​Es ist Karsamstag, der Tag der Grabesruhe Jesu. So wird im allgemeinen gesagt. In diesem Lesungstext wird aber auch noch angedeutet, dass Jesus an diesem Tag zwischen seinem Tod am Kreuz an Karfreitag und der Auferstehung am Ostermorgen noch einiges zu tun hatte. Leider sind die Verse 19f nicht so klar verständlich.

Es gibt verschiedene Auslegungen, welche Vorstellung im Petrusbrief dahinter liegt.

  1. Eine Möglichkeit lehnt sich an das Glaubensbekenntnis an, in dem wir heute, in der revidierten Fassung, bekennen: „hinabgestiegen in das Reich des Todes“. Früher hieß es an der Stelle: „niedergefahren in die Hölle“. Mit dieser „Höllenfahrt Christi“ verbindet sich der Gedanke, dass er das Evangelium den Menschen gepredigt hat, die vor seiner Verkündigung auf Erden gestorben sind. Damit wird ausgedrückt: Gottes Heil in Christus ist unbeschränkt, es wirkt bis zu den Toten. Niemand ist aus seiner Liebe ausgeschlossen.
  2. Die zweite mögliche Auslegung interpretiert die „Höllenfahrt“ als endgültige Erniedrigung Jesu, der sogar die Qualen der Hölle durchlitten hat. Mal abgesehen davon, ob und wie wir heute noch von einer tatsächlichen Hölle reden, liegt darin der Gedanke, dass Gott sich in seinem Sohn Jesus Christus ohne wenn und aber in die Tiefe begeben hat. Er schreckt nicht davor zurück, auch das denkbar Schrecklichste zu durchleben und zu erlösen.
  3. Schließlich gibt es die Interpretation der „Geister im Gefängnis“ als die „bösen Geister“, „Dämonen“ und der Teufel. Christus geht in das Totenreich um dem „Bösen“ seinen Sieg am Kreuz zu erklären. Das Böse ist überwunden, hat endgültig verloren. Die Symbolik, die darin zu erkennen ist, spricht allem Bösen in der Welt die Macht ab, irgendetwas gegen Gottes Willen zum Guten und zum Heil der Menschen, ausrichten zu können. Auch wenn es noch nicht offenbar ist, das Böse ist schon besiegt.

In all diesen Interpretationen liegt etwas, das in seiner Aussage und Symbolkraft, nachvollziehbar ist, auch wenn wir diese mythologischen Vorstellungen heute kaum noch mitgehen können. Eine interessante Predigt dazu mit vielen Informationen findest Du hier: https://www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/theologie/universitaetsgottesdienste/020602.html. Was genau gemeint ist, bleibt aber im Dunkeln. Selbst Luther hat vor 500 Jahren über diesen Text gesagt: „Das ist ein wunderlicher Text und ein finsterer Spruch. Das verstehe ich nicht, kann es auch nicht auslegen.“

Ich möchte noch einmal zurück zu dem Begriff der „Grabesruhe Christi“. Das ist ja eine ganz andere Vorstellung, die uns heute viel näher liegt. Deshalb möchte ich auch gerne dabei bleiben. Es gibt ja sogar den Ausdruck „Störung der Totenruhe“ im Strafgesetzbuch in Deutschland. Dieses Vergehen wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft. Darin hält sich noch ein Verständnis, dass ein Mensch auch nach seinem Tod seine Würde nicht verliert.

Die Grabesruhe Christi ist also ebenso ein Hinweis darauf, dass Gott, auch in seinem Sterben am Kreuz, die Würde des Menschen Jesu aufrecht erhält. Jesus stirbt den Tod eines Verbrechers am Kreuz, aber er ruht im Tod in Gottes Hand. Es ist ein genaues Gegenteil der oben genannten drei Interpretationen. In der „Höllenfahrt“ ist Christus aktiv, er „arbeitet“ am Heil Gottes mit, noch im Tod. Allerdings könnte man das auch so deuten, dass er nicht „wirklich tot“ war, sondern noch sozusagen „göttlich aktiv“ gewesen ist.

Die Grabesruhe bringt aber die Passivität zum Ausdruck. Jesus ist gestorben. Punkt. Jesus ist tot. Punkt. Gott ist bis in den Tod mitgegangen. Punkt. Tot ist tot. Punkt. Nur so wird klar, dass die Auferstehung am Ostermorgen eine Schöpfungstat Gottes ist. Deshalb gefällt mir auch der Begriff Auferweckung besser. Gott erweckt Jesus zu neuem Leben. So wird er auch uns zu neuem Leben erwecken. Es ist Gottes Tat. Tot ist tot. Punkt. Das gilt auch für eine:n jede:n von uns. Punkt. Das Leben, auch das ewige Leben, ist Gott. Punkt.

In diesem Lesungstext geht es aber nicht nur um die Grabesruhe oder die Höllenfahrt, sondern auch um die Taufe. Auch die Taufe wird hier mit einer Vorstellungswelt in Verbindung gebracht, die uns recht fremd ist. Es werden Parallelen gezogen zwischen der Arche, die Noah und die Seinen durch das Wasser der Sintflut hindurch rettet, und Christus, der durch die Grabesruhe des Todes zur Auferstehung kommt, und der Taufe, durch die wir gerettet werden zu Gott.

Klar ist, dass die Taufe nicht nur eine symbolische Handlung ist. Deshalb nennen wir die Taufe ein Sakrament. Es geschieht etwas mit dem:r Getauften, was wir nicht einfach benennen können. Es ist genauso, wie die Auferweckung Jesu nach der Grabesruhe, eine Tat Gottes. Dazu sind ganze Bibliotheken von Büchern geschrieben worden und die Taufe ist über Jahrhunderte ein Streitpunkt zwischen den Konfessionen gewesen. Das kann ich in dieser kurzen An-ge-dacht nicht auflösen.

Es gibt allerdings in diesem Lesungstext eine Besonderheit. Hier wird die Taufe mit einem guten Gewissen verbunden. Vermutlich will der Verfasser des Petrusbriefes damit klar machen, dass zwar die Taufe mehr ist, als eine menschliche Handlung, aber sie ist keine Magie, mit der eine Garantie verbunden ist. Gott handelt in der Taufe – ja! Aber Gottes Handeln bleibt frei! Es gibt keine magische Wirkung der Taufe, die zur Folge hat, dass die Getauften tun und lassen können, was sie wollen. Nach dem Motto: Ist doch alles egal. Lasst uns sündigen und Böses tun, denn wir sind ja getauft. Die Taufe befreit zu einem guten Gewissen in einem Leben, das dem Vorbild Jesu folgt.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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