Dieser Beitrag „Wo ist Gott?“ erscheint in der Reihe „An-ge-dacht“, in der ich täglich Gedanken zu einer Perikope des jeweiligen Sonntags schreibe. Weitere Informationen darüber und eine Übersicht aller bisher erschienenen Beiträge findest Du hier: An-ge-dacht.

Lesung V, Lätare

Jesaja 54, 7–10

7 Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.
8 Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen, spricht der Herr, dein Erlöser.
9 Ich halte es wie zur Zeit Noahs, als ich schwor, dass die Wasser Noahs nicht mehr über die Erde gehen sollten. So habe ich geschworen, dass ich nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten will.
10 Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.

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Wo ist Gott?, Lätare, Lesung V, Jesaja 54, 7–10

Wo ist Gott in dieser schwiegigen Zeit der Corona-Pandemie? Warum ist so wenig von ihm zu erkennen, wenn wir an die vielen Kranken und Toten denken? Wie kann ich Gott noch vertrauen, wenn meine ganze Existenz auf dem Spiel steht, wenn alles, was ich mir aufgebaut habe kaputt zu gehen scheint?

Wo ist Gott? Mit dieser Frage sind wir mitten im Perikopentext des Jesaja und wieder mitten im Thema des Sonntags Lätare: Freude mitten im Leid. Der Text hat eine große Freude und Zuversicht in sich, wenn von der Barmherzigkeit und Gnade Gottes die Rede ist. Der Vers 10 wird sogar oft als Taufspruch genommen: Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.

Wird damit nicht ein unendliches Vertrauen zu Gott ausgedrückt. Du kannst Gott vertrauen, denn er hat versprochen, bedingungslos und unverbrüchlich an deiner Seite zu sein.

Schön und gut, wäre da nicht die andere Seite: Die Rede von Gott, der sich verborgen hält, der zornig ist und (im Text) sein Volk Israel, (im übertragenen Sinn) seine Menschen verlässt. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

Hat Gott uns verlassen, wenn wir durch schwere Zeiten gehen? Wo ist Gott dann?

Ich kann hier keine allgemeingültige Antwort geben, dafür kämpfe ich selbst viel zu sehr mit dieser Frage nach dem verborgenen Gott. Was ich jetzt schreiben werde, ist keine Antwort! Es geht mir um Hinweise darauf, wie wir auch im Leid an dem verborgenen Gott festhalten können. Mir selbst helfen diese Hinweise, auch in schweren Zeiten die Freude am Leben, am Glauben, ja auch an Gott, der sich nicht immer so klar erkennen lässt, zu spüren. Und er hat ja versprochen, dass es nur eine kleine Weile dauert.

In der jüdischen Allgemeinen habe ich eine kurze Andacht eines Rabbiners gefunden, der einen interessanten Gedanken weitergibt: Gott „hat sich verborgen, damit wir Ihn finden.“ (https://www.juedische-allgemeine.de/religion/wo-ist-gott/) Er ist nicht kaltherzig. Wir sind ihm nicht egal in seiner Verborgenheit. Er gibt uns die Chance, uns selbst zu korrigieren, unseren Weg zu finden. Er hat uns Verstand und Kräfte gegeben, schwere Zeiten zu bestehen und dadurch stärker zu werden und zu wachsen. Ich weiß, wenn wir im Leid sind, dann nützt das recht wenig. Trotzdem lohnt es sich, darüber nachzudenken, weil es unsere eigene Verantwortung nicht so einfach auf Gott abwälzt.

Im Leid ist mir ein zweiter Hinweis wichtig. Jesus hat am Kreuz geschrieen: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Das ist ein Ausdruck tiefsten Leidens – auch Leidens an Gott. Wenn wir Christen sagen, dass dieser von Gott verlassene, leidende Mensch Jesus zugleich Gottes Sohn ist, dann wird damit in der Gottverlassenheit die Nähe und Liebe Gottes fast paradox mitgedacht.

Gott ist in Jesus in Freud und Leid an unserer Seite. Deshalb ist er nicht so einfach als Gott zu erkennen – um es mal platt auszudrücken. Deshalb scheint er verborgen, ist aber mitten im Leid dabei, leidet mit, tröstet mit, hilft mit. Das ist für mich ein Glaubensgrundsatz, der tröstet und Kraft gibt.

Wo ist Gott? Er ist immer an deiner Seite – manchmal verborgen und manchmal spürbar, aber immer da!

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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