Predigt Judika 1. Mose 22,1–14(15–19)

Predigt Judika 1. Mose 22,1–14(15–19) von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe VI, Thema: Die Versuchung Abrahams. Gehalten im Gottesdienst am 02.04.2017 in Sechshelden und Manderbach.

Sonn-/Feiertag: Judika

Perikopenreihe VI

Predigttext 1. Mose 22,1–14(15–19)

1 Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich.
2 Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde.
3 Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte.
4 Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne.
5 Und Abraham sprach zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen.

6 Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die beiden miteinander.
7 Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?
8 Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander.
9 Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz
10 und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete.
11 Da rief ihn der Engel des Herrn vom Himmel und sprach: Abraham! Abraham! Er antwortete: Hier bin ich.
12 Er sprach: Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen.
13 Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich im Gestrüpp mit seinen Hörnern hängen und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes statt.
14 Und Abraham nannte die Stätte »Der Herr sieht«. Daher man noch heute sagt: Auf dem Berge, da der Herr sich sehen lässt.

15 Und der Engel des Herrn rief Abraham abermals vom Himmel her
16 und sprach: Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der Herr: Weil du solches getan hast und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont,
17 will ich dich segnen und deine Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres, und deine Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde besitzen;
18 und durch deine Nachkommen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast.
19 So kehrte Abraham zurück zu seinen Knechten. Und sie machten sich auf und zogen miteinander nach Beerscheba und Abraham blieb daselbst.

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Predigt Judika 1. Mose 22,1–14(15–19)

Eine grausame Geschichte

Liebe Gemeinde!

Ist das nicht eine grausame Geschichte? Gott versucht Abraham. Allein das ist schon ein Satz, den wir sicher nicht gerne hören. Warum sollte Gott Menschen versuchen. Das heißt doch, dass er ihnen schlimme Dinge zufügt. Sollte Gott wirklich so etwas tun? Diese Geschichte ist aber eine noch grausamere Sache. Die Versuchung des Abrahams besteht darin, dass er seinen Sohn als Menschenopfer für Gott bringen soll.

Können wir uns die Gefühle Abrahams vorstellen, als Gott ihm das abverlangt? Zweimal heißt es, Abraham und sein Sohn „gingen miteindander“. Stellt euch das vor, wie die Beiden nebeneinander hergingen. Welche Gedanken sind Abraham durch den Kopf gegangen? Was hat sein Sohn wohl gedacht. Welche Ängste und grauenhaften Gefühle werden Vater und Sohn bewegt haben?

Versuchung, Prüfung

Versucht Gott uns auch? Bringt Gott solche furchtbaren Dinge auch über uns? Ein schweres Schicksal, Krankheit, den Tod eines lieben Menschen? Kann das von Gott kommen um uns zu prüfen? Wie würde das mit Gottes Liebe, von der wir doch immer reden, zusammenpassen?

Ich möchte jetzt nicht den einfachen Weg gehen und sagen: Nein, das würde Gott nie machen! Wir haben nun einmal diese Geschichte von der Versuchung Abrahams in unserer Bibel und dieser schwere Text ist uns heut als Predigttext in den Weg gestellt. Lassen wir uns auch auf diese widerspenstigen Gedanken ein.

Könnte es vielleicht wirklich sein, dass Gott uns Prüfungen auferlegt? Auch an anderen Stellen der Bibel ist von solchen Dingen die Rede. Nehmen wir das also erst. Immerhin sagen uns die biblischen Geschichten auch, dass Gott nicht bis zum Äußersten geht. Gott versucht uns nicht über unsere Kraft. Er bleibt auch in diesen schweren Situationen an unserer Seite und hilft uns. Der Engel hält Abraham auf, ein Widder ist plötzlich als Opfertier da. Abraham braucht seinen Sohn nicht zu opfern.

Aus Gnade leben

Könnte der Sinn sein: Wir sollen erkennen, dass wir aus Gottes Gnade heraus leben. Es bleibt für uns schwer zu ertragen. Wir sollten uns auch trotzdem hüten, alles Leid als Prüfung Gottes zu betrachten. Erst recht dürfen wir unter keinen Umständen das Leid anderer Menschen so interpretieren. Es gilt immer noch, dass fast alles Leid in dieser Welt von Menschen gemacht ist.

Letztlich siegt auch in einer möglichen Prüfung Gottes Liebe über seinen Anspruch an uns. Doch Gott möchte auch, dass wir ihn lieben. Er sehnt sich nach unserer Liebe. Abraham liebt Gott über alles, das macht diese Geschichte deutlich. Er würde sogar die Liebe zu Gott über die Liebe zu seinem Sohn stellen. Zum Glück brauchen wir einen solchen „Liebesbeweis“ nicht zu erbringen. Diese Zeiten sind seit Jesus endgültig vorbei!

Trotzdem bleibt auch diese Frage an uns: Zeigen wir unsere Liebe zu Gott? Leben wir unseren Glauben auch im Alltag? Was heißt das? Ja, die Teilnahme an einem Gottesdienst gehört sicher auch dazu. Im alltäglichen Leben ist das noch viel mehr. Dazu gehört das Reden mit Gott (Gebet) und im allgemeinen ein Leben nach dem Willen Gottes.

Gottes eigene Prüfung

Ich frage mich jetzt noch, warum dieser Text als Predigttext in der Passionszeit steht. Abraham hätte seinen einzigen Sohn nicht verschont, aber Gott verhindert das Äußerste. Gott selbst aber ist diesen Weg zu Ende gegangen. Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont. Jesus ist bis zum Äußersten gegangen. Auch das ist für uns heute nur schwer nachvollziehbar. Wir kennen keine Tieropfer für Gott mehr. Uns liegt dieser Gedanke eines Opfers für Gott sehr fern.

Am ehesten können wir noch halbwegs nachvollziehen, dass es dabei vor allem darum geht, dass Gott in Jesus seine unendliche Liebe zu uns zeigt. So hören wir auch den Bibelvers: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.“

Aber auch wenn wir das so glauben können: Es bleibt ein Rest von Erschauern. Es bleibt ein Rest von Unverständnis. Im Predigttext heißt es, dass Abraham Gott fürchtet! Gehört das vielleicht auch zum christlichen Glauben? Hat Gott nicht auch eine Seite, vor der man sich fürchten kann. Er ist eben nicht nur der niedliche liebe Gott. Er ist auch der allmächtige und fordernde Gott.

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​Ein glühender Backofen

Luther hat in seinem Katechismus geschrieben: Wir sollen Gott fürchten und lieben. Er spricht auch von dem deus absconditus, dem verborgenen Gott. Diese zu fürchtende Seite Gottes ist uns verborgen. Verborgen in dem Sinn, dass wir sie nicht verstehen. Glücklicherweise aber auch so verborgen, dass wir sie nicht (allzu oft) sehen müssen.

Martin Luther sagt, dass Gott in Zorn und Gnade handelt. Als verborgener Gott (deus absconditus) handelt er im Zorn und als offenbarer Gott (deus revelatus) handelt er in Gnade und Liebe. Der Zorn ist nicht das eigentliche Wesen Gottes, sondern nur der Entzug seines Wesens, welches eigentlich Liebe ist. Luther sagt einmal wörtlich: „Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe“. Güte, Gnade, Liebe ist Gottes Grundeigenschaft.

Der verborgene Gott

So bleibt aber immer noch die Frage: Muss denn das überhaupt sein: die Versuchung des Abraham, das Kreuz Jesu, die Verborgenheit Gottes? Hätte Gott nicht sagen können: „Schwamm drüber! Ich brauche diese Versuchungen, Prüfungen nicht!“ Gottes eigentliches Wesen ist zwar Liebe, aber er ist auch heilig und gerecht. Deshalb kann er nicht über alles einfach „drüberwegsehen“.

Es bleibt also ein Rest, den wir wohl nie ganz verstehen können. In einem Lied heißt es: Ich fliehe von Gott zu Gott. Das ist das, was uns immer noch bleibt: Vor dem heiligen und gerechten Gott, den wir manchmal nicht verstehen, können wir zu dem Gott fliehen, der uns bedingungslos liebt.

Amen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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