Predigt Judika Hebräer 13,12–14

Predigt Judika Hebräer 13,12–14 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe II, Thema: Nachfolge Jesu mitten in der Welt, aber mit Ziel.

Sonn-/Feiertag: Judika

Perikopenreihe II

Predigttext Hebräer 13,12–14

Hebräer 13,12–14

12 Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.
13 So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen.
14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

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Predigt Judika Hebräer 13,12–14

Unterwegs sein

Liebe Gemeinde!

„So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager.“ So fordert uns dieser Text auf. Beim ersten Lesen habe ich daraus gehört: Mach dich auf aus deinem bequemen Sessel, aus deinem Haus. Mach dich auf den Weg. Als Christ musst du unterwegs sein.

Aber das muss uns doch nicht gesagt werden. So viele Menschen sind heute unterwegs in unserer mobilen Welt. Wir brauchen uns nur hier in unserem Ort umzusehen: Da sind Aussiedler, die sich aus dem Land in dem sie bisher wohnten, aufgemacht haben, unterwegs zu einem neuen Zuhause. Da sind die Flüchtlinge im Asylbewerberheim. Und wie viele von Euch und Ihnen sind tagtäglich unterwegs, als Pendler zur Arbeit oder Ihr Konfis zur Schule?

Und dennoch sagt uns dieser Text: „Macht euch auf den Weg!“ Ja, wohin denn? Wo ist denn unser Platz als Christen und Christinnen?

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Wo ist mein Platz?

Da mag die eine oder der andere antworten: Ist doch klar! Mein Platz ist im Gottesdienst. Da, wo die Gemeinde sich trifft, da gehöre ich hin. Gemeinschaft der Heiligen, das bekennen wir doch im Glaubensbekenntnis. Und als Christen sollen wir doch Gott loben und auf sein Wort hören. Ja genau, das alles geschieht im Gottesdienst. Und dann gehe ich nach Hause, hoffentlich in dem guten Gefühl: Das war heute ein schöner Gottesdienst. Toll, aber in meinem Alltag bin ich doch auch noch Christ. Es kann leicht geschehen, dass der Gottesdienst nur ein stilles Rückzugsgebiet aus dem Alltag ist, ein Lager, wie der Hebräerbrief sagen würde, in dem ich mich sicher und geborgen fühlen kann. Im Alltag aber gelten dann andere Gesetze.

Das ist genau der Punkt, an dem andere ansetzen würden, die sagen: Gottesdienst hin, Gottesdienst her, alles schön und gut, aber mein eigentlicher Platz als Christin und Christ ist doch die Welt. Ich kann mich doch nicht zurückziehen aus meinen Aufgaben, aus meiner Familie, meinem Beruf und die Schule kann ich auch nicht einfach hinschmeißen. Es gibt doch auch Menschen, für die ich da bin. Und Jesus hat doch auch gesagt, dass wir unseren Nächsten lieben sollen.

Alles richtig, aber wenn wir nicht aufpassen, führt das leicht zu einer Überforderung: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, also muss ich Früchte des Glaubens produzieren. Wenn das mal nicht gelingt, dann frage ich mich schließlich, ob ich überhaupt noch Christ bin.

In der Nachfolge Jesu

Liebe Gemeinde! Wo ist denn nun der Platz eines Christen, einer Christin? Im Gottesdienst, in der Welt oder noch ganz wo anders? Unser Predigttext gibt seine Antwort, die ich so formulieren möchte: Unser Platz ist in der Nachfolge Jesu mitten in der Welt und mit dem Wissen um Gottes Zukunft. Dem möchte ich anhand der drei Verse aus dem Hebräerbrief nachdenken.

Der erste Vers der Predigttextes: Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. Unser Platz ist in der Nachfolge Jesu. Nachfolge ist Bindung an die Person Jesu Christi. Deshalb nennen wir uns auch Christinnen und Christen. Deshalb feiern wir auch Karfreitag und Ostern. Und deshalb feiern wir auch Gottesdienste.

Draußen vor dem Tor hat Jesus gelitten und ist er am Kreuz gestorben. Das war nicht nur ein tragisches Schicksal. Das war nicht nur ein Toter unter Millionen. Nein, für uns ist das geschehen. Mögen wir das heute noch gerne hören? Ich gebe zu, mir fällt das schwer. Ist damit doch etwas gesagt über mich und mein Verhältnis zu Gott. Mit diesem für uns, für mich ist etwas gesagt über meine Schuld gegenüber Gott und gegenüber Menschen. Es ist damit auch etwas gesagt über meine Schwächen. Ich bin eben nicht der tolle Kerl, dem alles gelingt, der alles wegsteckt. Ich bin auch verletzbar und ich kann versagen.

Dafür ist Jesus ans Kreuz gegangen und Gott hat dazu sein Ja gesagt. Und das heißt doch: Gott hat in Jesus Ja zu mir, zu uns gesagt, trotz alledem und alledem. Und weil das gilt ist Nachfolge Bindung an Jesus. Darum hat es sein gutes Recht, die Verbindung mit Gott, mit Jesus Christus im Gottesdienst zu suchen, im Gebet und Loben und im Hören auf Gottes Wort.

Mitten in der Welt

Weil Jesus für uns gelitten hat „draußen vor dem Tor“, mitten in der Welt, darum sagt uns der zweite Vers: Das ist auch euer Platz. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen. Ihr sollt als Christinnen und Christen mitten in der Welt leben. Aber eben nicht mit faulen Kompromissen, nicht indem wir uns in der Welt einrichten und es uns bequem machen. Aber auch nicht indem wir versuchen ein anspruchsvolles Gesetz christlicher Lebensführung zu erfüllen.

Was heißt denn Nachfolge mitten in der Welt konkret? Das heißt zuerst die Bindung an Jesus Christus. Das gilt für uns alle. Alles weitere aber kann für verschiedene Menschen verschieden aussehen.

Nachfolge kann heißen: Nimm alles was du hast und gib es den Armen. Diese durchaus ernste Mahnung kommt für uns heute meist gar nicht mehr in den Blick. Aber es gibt auch heute noch Menschen, die diesem Wort Jesu wörtlich folgen.

Nachfolge kann auch heißen: Du kannst reich sein, aber gehe recht damit um. Bedenke, dass es nur geschenkt ist. Habe, als hättest du nicht. Wie jede und jeder von uns mit dem Reichtum an Geld und Gut umzugehen hat, das kann ich nicht allgemeingültig sagen. Aber es wäre vielleicht einmal ein guter Schritt, darüber nachzudenken. Und zwar im Blick darauf wie ich eben als Christ in der Nachfolge mit meinem Besitz umgehe.

Was Nachfolge sein kann, dazu möchte ich ein paar Stichworte nennen: Aufbrechen, weg von alten Gewohnheiten, sich auf den Weg machen zu anderen Menschen und gemeinsam wir auf diesem Weg bleiben.

Wichtig ist, einen ersten Schritt auf diesem Weg der Nachfolge zu gehen. Dann werden wir finden, was wir zu tun haben. Es wird nicht über unsere Kraft gehen, aber es wird mit dem Kreuz Jesu zu tun haben. Und wenn ich nur schief angeschaut werde, weil ich als einziger aus meiner Straße die neuen Nachbarn besuche, die so seltsam aussehen.

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Das Ziel

Der letzte Vers des Predigttextes: Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Viele werden bei diesem Vers an eine Beerdigung denken. Ein beliebter Beerdigungsspruch. Man könnte meinen, hier würde wieder alles auf den Kopf gestellt, was ich bisher gesagt habe. In dem Sinne: also ist der Platz der Christinnen und Christen doch nicht mitten in der Welt, sondern in der zukünftigen Stadt.

Ja, aber der Weg dahin führt mitten durch unser Leben. Nachfolge bedeutet auch, dass nicht der Weg das Ziel ist. Nein, das Ziel liegt vor uns. Dieses Ziel hat Gott uns gesteckt. Wir dürfen wissen, wofür wir leben. Mitten im Leben, mit seinen Höhen und Tiefen, auch im Leid, können wir wissen: Gott hat immer noch eine Zukunft, auch für uns.

Liebe Gemeinde!

Der Platz für eine Christin, einen Christen ist also im Gottesdienst und mitten in der Welt. Unser ganzes Leben ist gemeint, aber eben in der Nachfolge Jesu. Gott geht mit uns auf diesem Weg zu dem Ziel, das er uns gesteckt hat. Diese Erfahrung haben auch die beiden Mönche gemacht, von denen ich zum Schluss erzählen möchte. Sie haben sich auf den Weg gemacht und das war gut und richtig für sie, aber am Ende machen sie eine erstaunliche Entdeckung.

Es waren einmal zwei Mönche, die lasen miteinander in einem alten Buch, am Ende der Welt gäbe es einen Ort, an dem Himmel und Erde sich berührten. Sie beschlossen, diesen Ort zu suchen und nicht umzukehren, ehe sie ihn gefunden hätten. Sie durchwanderten die Welt, bestanden unzählige Gefahren, erlitten alle Entbehrungen, die eine Wanderung durch die ganze Welt fordert, und alle Versuchungen, die einen Menschen von seinem Ziel abbringen können. Eine Tür sei dort, so hatten sie gelesen. Man brauche nur anzuklopfen und sei am Ziel. Schließlich fanden sie, was sie suchten. Sie klopften an die Tür, bebenden Herzens sahen sie, wie sie sich öffnete. Und als sie eintraten, standen sie zu Hause in ihrer Klosterzelle und sahen sich gegenseitig an. Da begriffen sie: Der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren, der Platz, an dem sie ihre Aufgabe als Christen zu tun haben, befindet sich auf der Erde, an der Stelle, die Gott uns zugewiesen hat.

Amen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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