Predigt 12. Sonntag nach Trinitatis Jesaja 29,17–24

Predigt 12. Sonntag nach Trinitatis Jesaja 29,17–24 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe V, Thema: Tätige Hoffnung. Gehalten im Gottesdienst am 27.08.2023 in Neukirch und Rabenscheid.

Sonn-/Feiertag: 12. Sonntag nach Trinitatis

Perikopenreihe: V

Predigttext Jesaja 29,17–24

17 Wohlan, es ist noch eine kleine Weile, so soll der Libanon fruchtbares Land werden, und was jetzt fruchtbares Land ist, soll wie ein Wald werden.
18 Zu der Zeit werden die Tauben hören die Worte des Buches, und die Augen der Blinden werden aus Dunkel und Finsternis sehen;
19 und die Elenden werden wieder Freude haben am Herrn, und die Ärmsten unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels.
20 Denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen und mit den Spöttern aus sein, und es werden vertilgt werden alle, die darauf aus sind, Unheil anzurichten,
21 welche die Leute schuldig sprechen vor Gericht und stellen dem nach, der sie zurechtweist im Tor, und beugen durch Lügen das Recht des Unschuldigen.
22 Darum spricht der Herr, der Abraham erlöst hat, zum Hause Jakob: Jakob soll nicht mehr beschämt dastehen, und sein Antlitz soll nicht mehr erblassen.
23 Denn wenn sie sehen werden die Werke meiner Hände – ihre Kinder – in ihrer Mitte, werden sie meinen Namen heiligen; sie werden den Heiligen Jakobs heiligen und den Gott Israels fürchten.
24 Und die, welche irren in ihrem Geist, werden Verstand annehmen, und die, welche murren, werden sich belehren lassen.

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Predigt 12. Sonntag nach Trinitatis Jesaja 29,17–24

Die große Wandlung

Liebe Gemeinde,
in der Lutherbibel ist unser Predigttext überschrieben mit „Die große Wandlung“. Der Text beschreibt gewaltige Veränderungen in der Natur und in dem Verhalten von Menschen. Geschrieben wurde der Text wohl in einer Zeit der Bedrängnis Israels: von außen in der Zange zwischen Großmächten, im Inneren zerrissen zwischen oben und unten.

Die Hoffnung, die der Prophet hat, erwartet ein Eingreifen Gottes. Die Unrechtes tun werden gerechte Strafe bekommen, denen, die unter dem Unrecht litten wird es gut gehen. „Die große Wandlung“ betrifft nicht nur dieses Oben und Unten, sondern auch die Natur: Als Beispiel wird hier der Libanon genannt. Und auch die, die Gottes Wort und Wirken gegenüber taub und blind waren, werden hören und sehen.

Das ist überhaupt das Ziel: Das ganze Volk, die Gemeinde, wird Gottes Wirken in der Welt erkennen und ihn darüber loben. Die Spitze dieser Aussage ist: sogar die fremden Völker werden anerkennen müssen, dass der Gott Israels der Herr der Welt ist und zu seinem Volk steht. Deshalb muss sich das Volk Gottes auch nicht mehr schämen.

Die letzten Sätze des Predigttextes sind eine Erklärung, was es heißt Gott zu heiligen. Nämlich Gott fürchten, Verstand annehmen und sich belehren lassen. Letztlich heißt das, Gott Gott sein zu lassen, erkennen, dass er der Herr der Welt und der Geschichte ist.

Gott ist am Werk

Oft fragen wir uns, wo denn Gott am Werk ist. Es ist doch in unserer Welt, damals wie heute, so viel im Argen. Wo ist denn Gott? Warum sehen wir nicht mehr von ihm? Warum greift er nicht offensichtlicher ein? So gesehen könnten wir die Hoffnung verlieren. Und in der Tat, viele Menschen heute haben keine Hoffnung mehr. So viele haben Angst vor der Zukunft. Wie wird es weitergehen mit Kriegen und Gewalt, mit der Auseinandersetzung mit Russland, mit China. Was wird der Klimawandel noch alles bringen.

Dieser Text dagegen ist ein Trost– und Hoffnungstext. Er ruft uns zu: Lasst euch nicht täuschen! Auch wenn es noch nicht sichtbar ist; Gott ist am Werk! Der Prophet sieht Gott auch im Dunkel des Weltgeschehens am Werk.

Wir dürfen nur nicht zu schnell diesen Gedanken als Utopie verstehen oder nur geistig verstehen. Es geht auch im Glauben darum gerecht zu leben – und zwar nicht erst in Zukunft, sondern schon heute und hier und jetzt. Der Text sagt: Tyrannen haben bei Gott schlechte Karten. Gott lässt sich nicht spotten. Vor Recht und Gesetz fünfe gerade sein lassen, hat keine Zukunft. Den Elenden soll es gut gehen. Die Armen sollen wieder fröhlich sein können.

Dazu muss sich das Verhalten der Menschen ändern – und das beginnt bei uns selbst. Und: Die Veränderung im Verhalten der Menschen wird von Jesaja mit der Hoffnung auf Veränderung der ganzen Welt verbunden.

Tätige Hoffnung

Die Hoffnung, die dieser Text ausdrückt, scheint uns zu gewaltig. Gerade die „große Wandlung“ der Natur, die hier beschrieben wird, ist doch angesichts des Klimawandels für uns eher negativ. Wie können wir heute noch die Hoffnung des Jesaja teilen?

Diese Hoffnung, die mit einer Veränderung des Verhaltens von Menschen verbunden ist, ist keine Utopie, auf die man einfach mit den Händen im Schoß wartet. Sie ist eine tätige Hoffnung. Deshalb findet sie sich nicht mit der Gegenwart ab.

Man könnte den Propheten einfach widerlegen und sagen: Das war wohl nichts mit deiner Hoffnung, selbst heute zweieinhalb Jahrtausende nachdem dieser Text entstanden ist, sieht es in unserer Welt recht trostlos aus. Aber das würde auch bedeuten, die Hoffnung und den Willen zur Veränderung aufzugeben.

Es geht dabei um das genaue Gegenteil von einer Utopie. Unsere Hoffnung – als Juden und Christen – ist eine Hoffnung, die heute – nicht erst in der Zukunft – tätig werden will. Dazu gehört dann auch, die Wirklichkeit unserer Welt so wahrzunehmen, wie sie wirklich ist – mit allem Problematischen, mit dem Bösen, den Katastrophen und dem Unvollkommenen. All das ruft uns auf, tätig zu werden und unseren Beitrag zur Veränderung – zur großen Wandlung Gottes – beizutragen.

Mutige Hoffnung

Es geht nicht darum, zu hoffen, dass irgendwann alles gut wird. Es geht im eine Hoffnung, die uns Mut macht, schon heute an Gottes Zukunft zu arbeiten. Wir müssen keine großartigen, weltbewegenden Dinge dabei im Kopf haben. Alle unsere kleinen Schritte mitten im Alltag können dazu beitragen:

  • wenn wir da sind für die Menschen, die uns anvertraut sind,
  • wenn wir den kranken Nachbarn besuchen,
  • wenn eine Erzieherin ihre ganze Kraft dem verhaltensauffälligen Kind widmet,
  • wenn der Kollege dem anderen hilft,
  • wenn sich Menschen im Verein und in der Kirche engagieren,
  • wenn Flüchtlinge ein neues Zuhause bei uns finden.

Was fällt uns noch alles ein, wenn wir darüber nachdenken, wie wir die Hoffnung, die Gott uns schenkt, mutig in unserem Leben Wirklichkeit werden lassen?

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Wie lange noch

Der Text beginnt mit den Worten: „Wohlan, noch eine kleine Weile“. Jesaja erwartet also das Eingreifen Gottes in naher Zukunft. Das erinnert an die Worte Jesu: „das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen“. Trotzdem warten wir noch heute darauf, dass diese Ankündigungen wahr werden. Jesus hat uns aber auch darauf aufmerksam gemacht, dass mit seinem Wirken etwas Neues in die Welt gekommen ist. Seine Botschaft von der Liebe Gottes und der Liebe zum Nächsten ist nicht umsonst gewesen.

Ja, auch Christinnen und Christen, auch die Kirche haben im Laufe der Geschichte einiges falsch gemacht. Und doch hat diese Botschaft große Veränderungen gebracht. Noch ist Gottes Wirken in der Welt nicht so sichtbar, wie in dem Predigttext verheißen, aber wir können es spüren.

Diese Hoffnung ist nun in der Welt und sie ermutigt Menschen zu handeln. Es ist eine Hoffnung, die von Gott kommt, und die er selbst in Jesus Christus bestätigt hat. Bei Jesu ersten öffentlichen Auftreten hieß es – ähnlich wie in unserem Predigttext: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt. Anders ausgedrückt könnte man sagen:

  • Menschen sehen wieder was wirklich zählt.
  • Menschen wagen wieder einen neuen Anfang.
  • Ausgeschlossene dürfen wieder dabei sein.
  • Menschen, die zu kurz gekommenen sind, erleben Gottes Fürsorge.
  • Alle erfahren, dass für Gott alle Menschen wertvoll sind.

Zu dieser lebendigen Hoffnung will uns der Prophet ermutigen.

Amen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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