​Verlorene Hoffnung – Hoffnungslosigkeit

Wie kann Hoffnungslosigkeit entstehen? Wie kommt es, dass wir die Hoffnung verlieren? Meistens hat es etwas mit Erfahrung zu tun. Wer schon mehrfach bei der Beförderung übergangen wurde, verliert bei nächster Gelegenheit die Hoffnung, dass es doch mal klappen könnte. Wer schon 100 Bewerbungen geschrieben hat, der glaubt auch bei der 101ten nicht mehr an einen Erfolg. Wer immer wieder enttäuscht wird, der hat keine Hoffnung mehr auf Besserung.

Man sollte meinen, in der Bibel gebe es so etwas nicht. Die Bibel erzählt doch von Glaube, Vertrauen, Hoffnung, sogar über den Tod hinaus. Ja, ja, das ist schon richtig, aber die Bibel ist nicht weltfremd! Es gibt auch Geschichten von Menschen, die die Hoffnung verloren haben.

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Jeremia

Da ist zum Beispiel Jeremia. Er leidet an seinem Schicksal, er leidet unter dem Auftrag, den Gott ihm gegeben hat. Immer soll er nur Unheil und Unglück predigen. Außerdem glaubt ihm kein Mensch. Sie verspotten ihn als Spinner und glauben, er sei verrückt geworden. Das Schlimmste aber ist für ihn, dass die Botschaft, die er predigte, nicht eintraf.

So fühlte sich Jeremia regelrecht von Gott betrogen. Er geht sogar so weit, den Tag seiner Geburt zu verfluchen. Er gab alle Hoffnung auf, er sah für sich keine Zukunft mehr. Alles aus, alles vorbei.

Jeremia 20, 14-18

14 Verflucht sei der Tag, an dem ich geboren bin; der Tag soll ungesegnet sein, an dem mich meine Mutter geboren hat! 15 Verflucht sei, der meinem Vater gute Botschaft brachte und sprach: »Du hast einen Sohn«, sodass er ihn fröhlich machte! 16 Der Tag soll sein wie die Städte, die der HERR vernichtet hat ohne Erbarmen. Am Morgen soll er Wehklage hören und am Mittag Kriegsgeschrei, 17 weil er mich nicht getötet hat im Mutterleibe, sodass meine Mutter mein Grab geworden und ihr Leib ewig schwanger geblieben wäre! 18 Warum bin ich doch aus dem Mutterleib hervorgekommen, wenn ich nur Jammer und Herzeleid sehen muss und meine Tage in Schmach zubringe!

Elia

Am meisten beeindruckt mich aber immer wieder die Geschichte von Elia. Er hatte eine schwere Depression. Es ging bis zum Todeswunsch. Er stand also kurz vor dem Suizid. Die Geschichte steht in 1. Könige 19, 3-13.

1. Könige 19, 3-13

3 Da fürchtete Elia sich, machte sich auf und lief um sein Leben und kam nach Beerscheba in Juda und ließ seinen Diener dort. 4 Er aber ging hin in die Wüste eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, HERR, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.
5 Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iss! 6 Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. 7 Und der Engel des HERRN kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir. 8 Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.
9 Und er kam dort in eine Höhle und blieb dort über Nacht. Und siehe, das Wort des HERRN kam zu ihm:11 Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR wird vorübergehen. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem HERRN her; der HERR aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der HERR war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der HERR war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen. 13 Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging hinaus und trat in den Eingang der Höhle

Ein Bekannter von mir zitiert immer wieder Nietzsche: „Die Hoffnung: sie ist in Wahrheit das übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert.“ Friedrich Nietzsche in „Menschliches, Allzumenschliches“ (1878)

Könnte Nietzsche Recht haben? Mag sein. Wenn Hoffnung tatsächlich vergeblich ist, dann ist sie in der Tat grausam. Sie lässt uns immer weitermachen. Sie bringt uns dazu, auch in schwierigen Situationen auszuhalten. Wenn es aber keinen Ausweg gibt, dann ist alles umsonst, zwecklos.

Aber ich will das nicht einfach so hinnehmen! Es ist so, wie mit dem Glauben. Es lässt sich nicht beweisen, aber es gibt doch immer wieder Hinweise darauf, dass Hoffnung doch Sinn macht.

Oft hat es etwas mit der fehlenden Kraft zu tun, wenn wir die Hoffnung verlieren. So schreibt es Paulus: “… unsere Kraft war erschöpft, so sehr, dass wir am Leben verzweifelten” (2. Korinther 1, 8). So ging es auch Elia. Aber die Bibel erzählt auch, wie er durch Gottes Hilfe aus dieser „Todesschattenschlucht“ der Hoffnungslosigkeit wieder herauskommt.

Hoffnung wiedergewinnen

Ja, ich bin überzeugt davon, dass Hoffnung Sinn macht. Es gibt keine ausweglosen Situationen im Leben. Ich möchte gerne an der Geschichte von Elia ein paar Punkte zeigen, die helfen können, einen Weg aus der Hoffnungslosigkeit zu finden.

Ich picke mir hier einfach mal ein paar Details raus, die zeigen, wie das gehen kann. Ich denke, dass in Elias Fall Hoffnungslosigkeit und Depression fast identisch sind.

Schlaf

Das erste, das Elia tut, als er die Hoffnung verloren hat und vor seinen Feinden weglief, ist Schlafen. Ja! Schlicht und einfach! Schlafen. Wie gesagt, ist fehlende Kraft oft der Grund dafür, die Hoffnung zu verlieren. „Ich kann einfach nicht mehr!“ „Es ist alles zu viel!“ Es ist offensichtlich, dass ausreichend Schlaf Kräfte zurückbringt. Manchmal scheint es so, dass in einer hoffnungslosen Situation schlicht nicht genügend Zeit da ist, um mal auszuschlafen. Es ist aber kontraproduktiv immer weiterzumachen. Nimm Dir eine Auszeit, vielleicht am Wochenende, ein paar Tage Urlaub. Schlaf Dich aus, nicht tagelang, aber so, dass Du wieder zu Kräften kommst. Mach es wie Elia.

Gemeinschaft

Dann wird erzählt, dass ein Engel Elia „anrührt“. Gut, zugegeben, kaum einer hat wohl schon mal einen Engel gesehen, geschweige denn gespürt. Vielleicht ist ja ein Mensch für Dich ein solcher Engel, der Dich berührt, in den Arm nimmt, festhält. Es ist sogar wissenschaftlich erwiesen, dass Berührung das Wohlbefinden steigert, glücklich macht und neue Kräfte gibt. Such Dir Menschen, die Dich mögen und bitte sie doch einfach um eine – möglichst lange – Umarmung. Es geht dabei nicht um Erotik. Es geht nur darum, Zuneigung auch zu spüren.

Nahrung

Anschließend wird Elia aufgefordert zu Essen und zu Trinken. Auch dadurch bekommt er neue Kraft. Es ist in scheinbar ausweglosen Situationen wichtig, den Körper zu stärken. Nur wenn der Körper genug Kraft hat, wird auch Deine Seele wieder zu Kräften kommen. Eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist immer wichtig, aber ganz besonders in schwierigen Lebenslagen. Leider tendieren wir dazu, es gerade dann zu vernachlässigen.

Die grundlegenden Bedürfnisse des Körpers und der Seele befriedigen, ist ganz wichtig. Gemeinschaft, Essen, Trinken, Schlaf… Damit wird für Elia die Grundlage gelegt, damit es weitergehen kann. Damit kannst auch Du die Grundlage legen, wieder neue Hoffnung zu gewinnen. Aber erwarte keine Wunder, auch wenn in der Bibel immer wieder davon die Rede ist. Es gehört noch mehr dazu, aus dem tiefen Tal wieder herauszukommen.

Geduld

Geduld ist ein ganz zentraler Punkt dabei. In der Eliageschichte muss der Engel ein zweites Mal kommen. Wieder hatte Elia geschlafen! Und wieder fordert der Engel ihn auf zu essen. Achte auf den Satz in diesem Jahrtausende alten Text: Er „ging durch die Kraft der Speise“. Zumindest hatte er wieder die Kraft sich auf den Weg zu machen, einen ersten Schritt in eine neue Zukunft zu tun. Dieser erste Schritt ist wohl der Schwerste.

Annehmen

Hoffnung wiedergewinnen und sich auf den Weg machen braucht Geduld und ist nicht leicht. Es geht nicht darum etwas zu beschönigen. „Du hast einen weiten Weg vor Dir“, sagt der Engel. Es braucht Zeit. Aber es ist eine freundliche Ansprache, kein „Tritt in den Arsch“, kein „Reiß Dich mal zusammen“. Diese Zuwendung und Annahme des Zustandes ist für Elia hilfreicher als alles andere. Auch das ist ein wertvoller Hinweis aus dem Bibeltext, den alle diejenigen beherzigen sollten, die mit Menschen zu tun haben, die depressiv sind oder die Hoffnung verloren haben.

Denk deshalb daran: Du darfst auch mal schwach sein (siehe mein Beitrag „Die Kraft der Schwäche“).

Bewegung

Elia hat nun den ersten Schritt getan. Er hat die Kraft immerhin anzufangen. Jetzt heißt es durchzuhalten. 40 Tage wandert Elia durch die Wüste. Mit unserem modernen Wissen um körperliche und seelische Vorgänge können wir hier zwei Wahrheiten entdecken. Zum einen ist körperliche Betätigung ein unglaubliches „Hoffnungsmedikament“. Die Zeitspanne von 40 Tagen kommt in der Bibel immer wieder vor. Sie hat zwar auch symbolische Bedeutung, aber wir wissen heute, dass eine Veränderung in unserem Leben etwa diese Zeit braucht um dauerhaft zu werden (siehe mein Beitrag „Veränderung – eine Grundlage Deines Lebens„).

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Achtsame Spiritualität gegen Hoffnungslosigkeit

Dann endlich begegnet Elia Gott. Nein, auch Elia sieht Gott nicht selbst. Gott begegnet Elia auch nicht so, wie es viele Menschen sich vielleicht wünschen würden. Er ist nicht im Sturm, Erdbeben oder Feuer zu finden. Es gibt keine großartige Machtdemonstration. Elia erkennt Gott in einem sanften Säuseln der Luft. Ganz zart und vorsichtig, ganz unscheinbar, leicht zu übersehen.

Es mag sein, dass es mit unserer Hoffnung genauso ist. Es ist nicht die totale Umwälzung der Weltordnung oder auch nur unseres Lebens. Und doch ist es so viel mehr, wenn wir den Weg des Elia in unserem Leben nachgehen. Mach Dich auf diesen Weg, sei aufmerksam und Du wirst es erleben.

Im weiteren Verlauf der Geschichte gibt Gott Elia einen neuen Auftrag und endlich hat Elia wieder die Kraft etwas zu tun. Endlich kommt er aus seiner Hoffnungslosigkeit wieder heraus. Endlich sieht er einen neuen Weg in die Zukunft.

Du siehst, es gibt Möglichkeiten, die Hoffnung wieder anzufachen! Ganz verlöscht sie nämlich nie! Ist Dir das schon mal aufgefallen? Irgendwie kommt sie immer wieder. Gib ihr eine Chance und schaffe Möglichkeiten in Deinem Leben, die Hoffnung immer wieder zum Lodern zu bringen, so, wie es Elia ergangen ist. Vielleicht siehst Du dann auch wieder einen neuen Weg, auf den Du Dich machen kannst.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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