​Predigt 4. Sonntag nach Trinitatis Römer 12,17–21

Predigt 4. Sonntag nach Trinitatis Römer 12, 17–21 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe II, Thema: Den Frieden Gottes leben. Gehalten im Gottesdienst am 05.07.2020 in Sechshelden.

Sonn-/Feiertag: 4. Sonntag nach Trinitatis

Perikopenreihe: II

Predigttext Römer 12,17–21

17 Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.
18 Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.
19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5.Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«
20 Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22).
21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

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Predigt 4. Sonntag nach Trinitatis Römer 12,17–21

Anspruchsvoll

Liebe Gemeinde!

Wer mich kennt, der weiß, dass mir eines immer sehr wichtig war: Schaut genau hin auf den Predigttext. Und noch etwas anderes kommt bei mir ab und zu vor: Mir ist nicht jeder Predigttext so ganz geheuer.

Heute geht es mir wieder so. Irgendwie komme ich damit nicht so richtig klar und hab mich in der Vorbereitung ziemlich daran abgearbeitet

Ein Rachegott?

Das allererste, was mir sofort aufgefallen ist, ist natürlich die Rede vom Zorn und der Rache Gottes. Passt, das zu unserem Gottesbild? Ein Gott, der Zorn und der Rache übt? Wie kann das sein? Unser Gott der Liebe, ein rächender Gott?

Paulus zitiert hier aus dem Alten Testament und da kann ich mir klarmachen, damals vor 3000 Jahren etwa, da war das ein Riesenfortschritt, dass das Volk Israel gesagt hat: Wir rächen uns nicht selbst, sondern wir überlassen Gott die Rache. Das war damals ein Riesenfortschritt und in manchen Gegenden in unserer Welt wäre das heute noch ein Fortschritt, aber trotzdem diese Vorstellung von einem Rachegott, das hat mich schon sehr gestört.

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​Umringt von Feinden?

Dann: Paulus spricht von meinen Feinden und von dem Bösen.

Haben wir denn wirklich Feinde? Früher standen sich Ost und West als Feinde gegenüber, aber können wir das über den einzelnen Menschen wirklich sagen? Meine Frau ist aus dem Osten. Als wir jung waren, sollten wir also Feinde gewesen sein. Wie bitte?

Es gibt Menschen, die ich nicht mag, oder die mich nicht mögen. Menschen, mit denen wir es schwer haben. Menschen, die uns nicht wohlgesonnen sind. Es gibt Streit unter Kollegen oder mit dem Chef oder mit Nachbarn, manchmal bis hin zur Gerichtsverhandlung. Es gibt Streit in Familien, aber das sind doch alles keine Feinde. Was hat mir dieser Text überhaupt zu sagen, wenn Paulus das so hoch hängt, dass er von den Feinden redet, denen wir Gutes tun sollen?

Perfekt sein?

Schließlich: Ist nicht auch das ein bisschen viel verlangt, lieber Paulus! „Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedem! Jedem Menschen, dem ich begegne, soll ich Gutes tun? Ich finde das ziemlich heftig, fast schon unmenschlich. Das können wir doch überhaupt nicht leisten. Wir sind doch auch alle nur Menschen. Und es können uns andere auch schon mal auf die Nerven gehen. Wir können doch nicht jedem Menschen gegenüber freundlich, liebevoll und zuvorkommend sein. Keiner von uns ist doch perfekt.

Kann jemand von Euch das wirklich aufrichtig sagen? „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einem anderen Menschen in irgendeiner Weise Unrecht getan.“ Ich vermute, das kann niemand von sich behaupten, also hätten bei Paulus alle verloren.

Außerdem frage ich mich, ob ich das überhaupt will. Manchmal wünschte ich einem Donald Trump doch mal den Zorn Gottes an den Hals. Auch Leute wie Björn Höcke kann ich nicht verknusen und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Gott gefällt, was der so von sich gibt. Aber auch in unserem persönlichen Umfeld gibt es Menschen, die uns nicht wohlgesonnen sind, Menschen, die anderen gegenüber unfreundlich, ja sogar feindlich gesinnt sind. Sollen wir wirklich jedem dieser Menschen freundlich begegnen, Gutes tun, liebevoll über ihn oder sie denken? Paulus verlangt da schon ganz schön viel von uns.

All das macht mir den Umgang mit diesem Predigttext sehr schwer. Deshalb möchte ich jetzt meinen üblichen Hinweis umsetzen: lasst uns mal ganz genau hinschauen!

Wenn es möglich ist

Was sagt denn Paulus wirklich? In diesem Predigttext gibt es einen Satz, der ist für mich ganz entscheidend: ist‘s möglich, so viel an Euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

Wenn es möglich ist, dann habt mit allen Menschen Frieden. Wir kennen alle diesen Spruch: wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt, kann der Frömmste nicht in Frieden leben. Klar, wenn man nichts tun kann, dann geht es nicht. Es gibt Menschen, die lassen sich nicht überwinden vom Guten. Es gibt Menschen, die wollen uns einfach ein Bein stellen, aber wenn es möglich ist, dann habt mit allen Menschen Frieden.

Das heißt: Paulus war das schon klar, dass es nicht so einfach ist, dass es manchmal Grenzen gibt, dass wir nicht alles so hinkriegen, wie es gut und richtig wäre. Es heißt in dem Satz auch noch: so viel an Euch liegt. Wenn ich mir diesen Satz mal so richtig überlege, dann heißt das doch: Es geht hier um eine Lebenseinstellung. Es geht um unsere Einstellung. Es ist nicht das Problem, dass wir es nicht immer schaffen. Es geht um unsere Einstellung dazu. Sicher wird es uns nicht immer gelingen. Wir sind eben nicht perfekt, aber wir können uns auf diesem Weg machen. Auf den Weg des Friedens und der Liebe Gottes.

WWJD

Wir können Jesus als Vorbild nehmen, der immer wieder gezeigt hat, wie das gehen kann, wie man Menschen begegnen kann, ohne Hass und ohne Feindschaft und wie es ihm immer wieder gelungen ist, andere zu überzeugen und Böses mit Gutem zu überwinden. Vielleicht ist es etwas platt und naiv, aber für mich ist das immer noch das Zentrum unseres Glaubens: Die Liebe Gottes, die er uns in Jesus Christus gezeigt hat!

Deshalb versuchen wir als Christinnen und Christen diesem Vorbild Jesu nachzueifern. Versuche es zu Deiner Lebenseinstellung zu machen. Jeden Menschen als einen von Gott geliebten Menschen anzusehen. Wie gesagt, es wird uns nicht immer gelingen, aber wir können uns auf diesen Weg machen.

Fang doch einfach bei dir selbst damit an. Auch Du bist ein von Gott geliebter Mensch und deshalb ist es nicht tragisch, wenn mal was nicht gelingt. Wir müssen nicht perfekt sein, weil Gott uns so liebt, wie wir sind. Dann wird klar, dass Paulus uns keine unerfüllbaren Forderungen stellt, sondern uns auf einen Weg schickt, auf den Weg des Friedens Gottes.

Das Fundament

Dann ist mir noch was aufgefallen. Beim “Etwas-genauer-Hingucken”. Der Römerbrief hat insgesamt 16 Kapitel und unser Text steht im zwölften Kapitel. In diesem Kapitel zwölf beginnt Paulus mit den Hinweisen, wie man als Christ leben soll. Aber die ganzen elf Kapitel vorher, also zwei Drittel des Römerbriefes, handeln von der Gnade Gottes, davon, dass Gott uns Menschen liebt, dass Gott für uns Menschen da ist, dass Gott Versöhnung und Vergebung will.

Zwei Drittel des Römerbriefes sagen Du Mensch bist von Gott geliebt. Du Mensch bist gut vor Gott. Das ist das, was Martin Luthers große Erkenntnis war. Er sagt unsere Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, die gibt Gott uns selbst. Es ist ein Geschenk, ein Geschenk Gottes und auf dieser Grundlage, auf diesem festen Fundament unseres Glaubens und unseres Lebens haben wir dann die Möglichkeit dem Vorbild Gottes, dem Vorbild Jesu, nachzufolgen.

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​Der Weg des Friedens

Es geht um seinen Weg des Friedens mit uns. Das ist die Grundlage: vor Gott sind wir in Ordnung. Auf dieser Grundlage können wir unser Leben führen und deshalb müssen wir nicht perfekt sein, aber wir müssen nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, wir müssen nicht mehr Auge um Auge, Zahn um Zahn leben. Das ist aufgehoben. Wir können uns dem Guten zuwenden, können freundlich mit anderen umgehen. Manchmal fällt das schwer. Manchmal machen wir auch Fehler, aber wir haben die Möglichkeit, diesen Weg zu gehen, weil Gott zu uns freundlich ist.

So ist es eben dann auch mit dem Zorn und der Rache Gottes. Es gibt Dinge, die Gott nicht will, aber sein Zorn verraucht sehr schnell. Gott liebt alle Menschen. Im Römerbrief damals bei Paulus ging es um die Auseinandersetzung zwischen Judenchristen und Heidenchristen in Rom, die sich immer wieder gestritten haben und immer wieder aneinandergeraten sind. Paulus sagt ihnen, dass sie freundlich miteinander umgehen sollen.

Liebe ist alles…

Aber das gilt auch heute noch. Jetzt kommen paar Sätze, die mir sehr schwerfallen. Auch heute noch gilt das! Gott liebt auch Donald Trump und Gott liebt auch Björn Höcke und Gott liebt auch den IS-Kämpfer in Syrien und Gott liebt auch den Flüchtling, der zu uns kommt. Gott liebt auch die Menschen, die uns das Leben schwer machen, auch wenn es der streitsüchtige Nachbar ist, der Quertreiber im Kirchenvorstand, irgendeiner hier im Gottesdienst oder der ungerechte Chef oder der mobbende Kollege oder auch die „bucklige Verwandtschaft“ (wie das eine Tante von mir immer gesagt hat).

Gott liebt jeden Menschen und zuletzt, aber ganz wichtig und bitte nicht vergessen! Nehmt bitte wenigstens diesen einen Satz mit aus diesem Gottesdienst. Auch wenn es Dir nicht immer gelingt, alles richtig zu machen, auch wenn Du es nicht immer schaffst, das Böse mit Gutem zu überwinden: Gott liebt auch Dich!

Amen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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