Dieser Beitrag „Schweigen ist Gold“ erscheint in der Reihe „An-ge-dacht“, in der ich täglich Gedanken zu einer Perikope des jeweiligen Sonntags schreibe. Weitere Informationen darüber und eine Übersicht aller bisher erschienenen Beiträge findest Du hier: An-ge-dacht.

Lesung VII (Marginalie), Lätare

Amos 8, 11-12

11 Siehe, es kommt die Zeit, spricht Gott der Herr, dass ich einen Hunger ins Land schicken werde, nicht einen Hunger nach Brot oder Durst nach Wasser, sondern nach dem Wort des Herrn, es zu hören;
12 dass sie hin und her von einem Meer zum andern, von Norden nach Osten laufen und des Herrn Wort suchen und doch nicht finden werden.

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Schweigen ist Gold, Lätare, Lesung VI, Amos 8,11-12

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Diese Redewendung kennen wir alle. Sie ist vor allem gerichtet auf Zuhören. Wie wichtig es ist, dass es Menschen gibt, die zuhören können, erfahren wir vor allem, wenn wir „mal was loswerden“ müssen; wenn wir uns aussprechen wollen. Wenn dann ständig jemand dazwischenquatscht und vielleicht auch noch bei seinen eigenen Themen bleibt und gar nicht versteht, wovon wir reden – das ist sehr unbefriedigend. (Um es mal vorsichtig zu sagen.)

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold; das bezieht sich aber auch auf Menschen, die einfach irgendwas nachplappern, die nicht wirklich wissen wovon sie reden, die auf andere einreden, die nur sich selbst hören wollen. Heute gilt das zum Beispiel auch für die Querdenker. Lieber mal zuhören, lieber mal schweigen.

Zur Zeit des Amos waren die Leute in Israel fromm. Es wurden Gottesdienste im Tempel gefeiert mit großem Aufwand und festlich. Die Feste im Jahreslauf waren wichtig und wurden eingehalten. Sie fasteten regelmäßig. Es wurden Opfer gebracht und jeder wollte den anderen übertreffen in seiner „Frömmigkeit“. Natürlich „wussten“ auch alle, wie es richtig ist und was getan werden musste.

Trotzdem hatte Amos von Gott den Auftrag, das anzuprangern. Vielmehr sollten die Menschen auf Gottes Wort hören, aber das wollten sie nicht. Deshalb legt Amos den Finger in die Wunde: Ihr feiert zwar tolle Gottesdienste und Opfer, aber in euren Herzen sieht es finster aus. Wenn ihr wirklich auf Gott hören würdet, dann wüsstet ihr, dass das alles nichts nützt, wenn ihr die Armen ausbeutet, den sozial Benachteiligten verachtet, das Recht vor Gericht brecht.

In diese Situation spricht Amos die Worte der heutigen Lesung: Wenn das Volk nicht hören möchte, dann wird Gott schweigen. Das hört sich irgendwie fast ein wenig eingeschnappt an. Ist Gott jetzt beleidigt? Im Grunde ist das Schweigen Gottes so etwas wie eine Strafe. Irgendwann werdet ihr merken, dass es so nicht weitergeht, und dann wollt ihr wissen, wie es wieder gut werden kann. Doch dann wird Gott schweigen und ihr werden suchen und nicht finden.

Schweigen ist Gold, aber was ist, wenn Gott schweigt? Für Gläubige Menschen ist das katastrophal. Als ich in einem tiefen finsteren Tal (Burnout) war, habe ich oft gedacht: Warum spüre ich so wenig von Gott? Warum verstehe ich ihn nicht mehr? Wieso „höre“ ich nichts mehr von ihm? Mir wäre es damals lieber gewesen, wenn Gott anders denken würde: Reden ist Gold, Schweigen ist Silber.

Manchmal müssen auch wir Christen durch ein stilles Tal. Manchmal müssen wir auch nach Gottes Wort suchen und irren herum. Manchmal müssen wir auch das Schweigen Gottes aushalten. Dann am Glauben festzuhalten, ist nicht immer einfach. Doch es lohnt sich. Denn Gott schweigt nicht für immer. Das ist in diesem Text nicht im Blick, aber das wissen wir aus anderen Texten der Bibel und aus der Erfahrung vieler Christinnen und Christen im Laufe von Jahrtausenden.

Trotzdem ist auch die Mahnung des Texte zu hören: Seid mit dem Herzen dabei. Hört mit dem Herzen auf Gott, solange er noch redet. Lebt nach dem, was er euch sagt. Richtet euer Tun danach aus! Sonst wird er irgendwann schweigen. Dann werdet ihr nach seinem Wort hungern.

Eigentlich wäre es aus Sicht der Gläubigen und der Kirche doch zu wünschen, dass es einen Hunger nach Gottes Wort gäbe. Dann wären die Kirchen wieder voll. Dann wollten alle hören, was Predigerinnen und Prediger zu sagen haben. Dann würden sich Menschen anrühren lassen und ihr Leben darauf ausrichten.

Ist das nicht zu sehr von uns aus gedacht? Halten wir – gerade wir Pfarrer und Pfarrerinnen – nicht zu sehr an dem fest, was wir tun können? Wäre es nicht besser, dass wir selbst wieder mehr Hunger nach Gottes Wort hätten. Sollte die Kirche nicht viel intensiver nach Gottes Wort in unserer heutigen Zeit und Welt suchen?

Dann würden wir auch feststellen, was heute zu tun ist. Es geht nicht zuerst um die Regelung der Gottesdienste, nicht um die Verwaltung des Mangels, nicht um die Verteilung von Pfarrstellen und Einrichtungen. Es geht um die Einstellung des Herzens, die dazu führt, Gottes Wege zu gehen. Wie leben wir? Nicht: wie reden wir? Deshalb: Schweigen ist Gold und aus dem Glauben leben ist Gold.

Hier noch eine interessante Predigt zum Text: https://www.theologie.uzh.ch/predigten/altepredigten/bgpredigt.php?id=155&kennung=de

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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