Predigt 11. Sonntag nach Trinitatis 2. Samuel 12,1–10.13–15a
Predigt 11. Sonntag nach Trinitatis 2. Samuel 12,1–10.13–15a von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe IV, Thema Teufelskreis der Schuld. Gehalten im Gottesdienst am 28.08.2022 in Manderbach.
Sonn-/Feiertag: 11. Sonntag nach Trinitatis
Perikopenreihe: IV
Predigttext 2. Samuel 12,1–10.13–15a
1 Und der Herr sandte Nathan zu David. Als der zu ihm kam, sprach er zu ihm: Es waren zwei Männer in einer Stadt, der eine reich, der andere arm.
2 Der Reiche hatte sehr viele Schafe und Rinder;
3 aber der Arme hatte nichts als ein einziges kleines Schäflein, das er gekauft hatte. Und er nährte es, dass es groß wurde bei ihm zugleich mit seinen Kindern. Es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und schlief in seinem Schoß, und er hielt’s wie eine Tochter.
4 Als aber zu dem reichen Mann ein Gast kam, brachte er’s nicht über sich, von seinen Schafen und Rindern zu nehmen, um dem Gast etwas zuzurichten, der zu ihm gekommen war. Und er nahm das Schaf des armen Mannes und richtete es dem Mann zu, der zu ihm gekommen war.
5 Da geriet David in großen Zorn über den Mann und sprach zu Nathan: So wahr der Herr lebt: Der Mann ist ein Kind des Todes, der das getan hat!
6 Dazu soll er das Schaf vierfach bezahlen, weil er das getan und sein eigenes geschont hat.
7 Da sprach Nathan zu David: Du bist der Mann! So spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe dich zum König gesalbt über Israel und habe dich errettet aus der Hand Sauls
8 und habe dir deines Herrn Haus gegeben, dazu seine Frauen in deinen Schoß, und habe dir das Haus Israel und Juda gegeben; und ist das zu wenig, will ich noch dies und das dazutun.
9 Warum hast du denn das Wort des Herrn verachtet, dass du getan hast, was ihm missfiel? Uria, den Hetiter, hast du erschlagen mit dem Schwert, seine Frau hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht durch das Schwert der Ammoniter.
10 Nun, so soll von deinem Hause das Schwert nimmermehr lassen, weil du mich verachtet und die Frau Urias, des Hetiters, genommen hast, dass sie deine Frau sei.
13 Da sprach David zu Nathan: Ich habe gesündigt gegen den Herrn. Nathan sprach zu David: So hat auch der Herr deine Sünde weggenommen; du wirst nicht sterben.
14 Aber weil du die Feinde des Herrn durch diese Sache zum Lästern gebracht hast, wird der Sohn, der dir geboren ist, des Todes sterben.
15a Und Nathan ging heim.
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Predigt 11. Sonntag nach Trinitatis 2. Samuel 12,1–10.13–15a
Hintergrund
Liebe Gemeinde,
um den heutigen Predigttext zu verstehen, muss man etwas Hintergrundwissen haben.
König David sieht seine Nachbarin Batseba und verliebt sich in sie. Sie ist aber die Frau eines seiner Generäle, Uria. Als Uria im Krieg ist, holt David Batseba zu sich und sie wird schwanger. David verstrickt sich immer mehr in eine Geschichte voller Betrug, Lügen und Intrigen. Schließlich schickt er Uria in eine gefährliche Schlacht an vorderste Front, wo er tatsächlich ums Leben kommt. Nun ist Batseba für David „frei“ und später heiraten sie sogar.
Diese Intrige des Davids können wir sicher Mord nennen. Es ist zwar indirekt, aber genau das war die Absicht des Königs. In dieser Situation kommt der Prophet Nathan zu David und erzählt ihm eine Geschichte. Wir bezeichnen eine solche Geschichte als Gleichnis – siehe Jesu Gleichnisse. Sie ist nicht im Detail parallel zu dem wirklichen Geschehen, aber sie macht einen ganz bestimmten Punkt deutlich.
Ich lese den Predigttext vor.
Der Teufelskreis der Schuld
Die Geschichte um David und Batseba hat einige Irrungen und Wirrungen, die schließlich mit dem indirekten Mord an Uria, Batsebas Mann, endeten.
Schuld gebiert weitere Schuld. David verstrickt sich in verschweigen, lügen, intrigieren und schließlich sogar Mord. Warum hat er nicht selbst die Kraft, den Teufelskreis rechtzeitig zu brechen? Warum muss es erst zum Äußersten kommen? Es ist nicht mehr rückgängig zu machen. Uria ist tot.
Das alles macht Nathan dem David durch das Gleichnis klar, Er geht im Auftrag Gottes aber noch weiter. Er hält David vor, was Gott ihm alles geschenkt hat und macht deutlich, dass David undankbar war, als er auch noch die verheiratete Batseba begehrte. Hatte er nicht schon genug bekommen? War er nicht schon König? Hatte er nicht alles, was er brauchte und sogar noch mehr? Warum konnte er nicht genug bekommen. Woher kommt diese Gier nach mehr und immer noch mehr – die übrigens auch unsere heutige Zeit so sehr im Griff hat.
Im Text jedenfalls ist klar, dass sich David so auch Gott gegenüber schuldig gemacht hat. Und darüber hinaus hat er auch noch „die Feinde des Herrn zum Lästern gebracht“ – so drückt es Nathan aus. David verstrickt sich also in eine ganze Kette von Schuld – gegenüber Gott und gegenüber Menschen.
Sünde und Vergebung
Was hat uns diese Geschichte zu sagen? Na, ich weiß gar nicht, wo ich dabei anfangen soll. Da findet sich so einiges, was uns auch gar nicht so angenehm wäre. Es gibt aber etwas, das uns heutige Menschen hindert, die Lehre aus einer solchen Erzählung zu ziehen.
Wie reden wir heute über Sünde und Schuld oder über Gnade? Entweder gibt es eine grundsätzliche Zurückweisung dieser Begriffe. Beispiel für komplette Ablehnung: Sektenblog. Oder Sünde und Schuld wird verharmlost und lächerlich gemacht. Beispiel für Verharmlosung: Wir sind alle kleine Sünderlein…
Aber auch unser übliches Reden mit biblischen Begriffen ist den Menschen heute kaum noch vermittelbar.
Doch haben wir das nicht alle selbst schon einmal erlebt, dass „Sünde“ – oder nennen wir es Fehler oder Schuld – einen ganzen Rattenschwanz hinter sich herzieht? Vertuschen, selbst wenn es um unabsichtliche Fehler geht, ist nie gut. Auch unsere Sprichwörter sagen das: Lügen haben kurze Beine. Lüge ist ein Schneeball, wird desto größer, je länger man sie fortwälzt. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Schuld gebiert Schuld.
Da ist es besser den Teufelskreis so schnell wie möglich zu durchbrechen.
Zum Glück weist diese Geschichte von David und Nathan auch einen Weg. Auf Nathans Anklage: Du bist der Mann! kommt David zur Einsicht. Ist das nicht genial? So einfach kann es sein: Schon das Eingeständnis der Schuld durch David genügt zur Vergebung.
Folgen der Schuld
Aber Stopp! Auch hier haben wir sicher Einwände: Kann Gott denn einem Mörder so einfach vergeben? So einfach kann es doch nicht sein. Wie gut, dass bei Gott andere Maßstäbe gelten. Seine Gnade ist unendlich. Vielleicht bekommen wir das nicht hin, aber bei Gott gilt ein ehrliches Eingeständnis alles. Es ist nicht nötig für Gottes Gnade etwas zu leisten oder zu geben. Es gilt bei ihm: vergeben und vergessen.
Aber noch einmal Stopp! Ja, bei Gott gilt die Vergeben ohne Frage, aber die Folgen der Schuld sind nicht so einfach aufzuhalten. In der Geschichte von David und Batseba ist es sogar so furchtbar, dass selbst wir, die wir eben noch gesagt haben „so einfach ist das nicht“, jetzt wohl Einwände haben. Davids Handeln hat schreckliche Folgen. Sein und Batsebas Kind stirbt. Ist das nicht furchtbar? Passt das in unser Gottesbild? Das sicher nicht, aber es macht doch auf unerbittliche Weise deutlich, dass Schuld Konsequenzen hat.
Wie können wir dann aber mit Schuld leben?
David betet nach seiner Einsicht und mit dem Wissen, was seine Schuld für Konsequenzen hatte. Vergleiche dazu Psalm 51, der sich auf diese Geschichte ausdrücklich bezieht:
12 Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz
und gib mir einen neuen, beständigen Geist.
13 Verwirf mich nicht von deinem Angesicht,
und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.
14 Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe,
und mit einem willigen Geist rüste mich aus.
Es gibt noch ein Sprichwort, das ich gerne zitieren möchte: Gott schreibt auf krummen Linien gerade. Ja, Schuld beginnt einen Teufelskreis. Ja, oft genug müssen wir mit den Folgen unserer Fehler leben. Ja, Einsicht bringt Vergebung. Ja, es lohnt sich, das eigene Handeln vor Gott auf den richtigen Weg zu bringen.
Trotzdem wird es uns nie gelingen, alles im Leben richtig zu machen. Wir werden nie perfekt. Doch dürfen wir wissen, dass Gott vergibt und dass er letztlich alles gut hinausführt. David und Batseba werden schließlich die Eltern des nächsten großen Königs Israels, Salomo. Er wird sogar als der weiseste Mensch bezeichnen, den es je gab und er baut für Gott den Tempel in Jerusalem.
Und – Achtung! – der Mörder und Ehebrecher David und die Ehebrecherin Batseba werden sogar Vorfahren von Jesus! Übrigens gibt es noch eine ganze Menge Sünder, Ehebrecher, Lügner, Huren, Mörder… in Jesu Stammbaum.
Liebe Gemeinde!
Wir werden nie perfekt sein, aber Gott kann es richten! Deshalb gilt für jeden Menschen:
Egal, welche Fehler wir haben oder machen, wir sind für Gott nie verloren und immer unendlich geliebt.
Amen.
Es gilt das gesprochene Wort.
Links zur Predigt 11. Sonntag nach Trinitatis 2. Samuel 12,1–10.13–15a
Sehr gute Anregungen zu einer Predigt mit dem Schwerpunkt auf „Vergebung“:
Pfarrerin Kira Busch-Wagner, Karlsruhe: https://www.theologie.uzh.ch/predigten/2-samuel-12-1-10-11-1213-15a/
Eine Predigt, die den Blick auf Batseba lenkt und die Geschichte der Männer (David, Uria, Nathan) aus einer anderen Sicht betrachtet:
Pastorin Luise Stribrny de Estrada, Lübeck: https://www.theologie.uzh.ch/predigten/2-samuel-121-10-13-15a/
Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe