Predigt Invokavit Matthäus 4,1-11

Predigt Invokavit Matthäus 4,1-11 von Pfr. Uwe Hermann, Perikopenreihe VI, Thema: Die Versuchung Jesu.

Sonn-/Feiertag: Invokavit

Perikopenreihe: VI

Predigttext Matthäus 4,1-11

1 Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde.
2 Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.
3 Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.
4 Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben : »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«
5 Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels
6 und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben : »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.«
7 Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben : »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«
8 Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit
9 und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.
10 Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben : »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.«
11 Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.

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Predigt Invokavit Matthäus 4,1-11

Liebe Gemeinde,

jeder Sonntag hat ein eigenes Thema, gehört an seine ganz bestimmte Stelle im Kirchenjahr. Der heutige Sonntag heißt Invokavit und ist der erste Sonntag der Passionszeit. Am Aschermittwoch ist alles vorbei, so heißt es im Volksmund. Die Kirche müsste eigentlich sagen: Am Aschermittwoch geht es erst richtig los. Am Aschermittwoch beginnt die Zeit des Jahres, in der wir uns in besonderer Weise erinnern an die Zeit, in der Jesus verhaftet, verhört, verspottet und schließlich hingerichtet wurde.

Mit einer besonderen Bibelgeschichte beginnt dieses Jahr die Fasten- bzw. Passionszeit. Die Versuchung Jesu. Diese Geschichte beginnt damit, dass Jesus in die Wüste geht und fastet. Er fastet nach den strengen Vorschriften, die die Juden damals hatten. Er verzichtet auf feste Nahrung, vierzig Tage und vierzig Nächte lang. Wahrscheinlich hat er nur Wasser zu sich genommen. Das können wir uns heute kaum vorstellen.

Am Aschermittwoch hat für viele Menschen im wahrsten Sinne des Wortes die Fastenzeit begonnen. Viele Menschen verzichten zwar nicht gänzlich auf feste Nahrung, aber doch auf liebgewordene, vielleicht hartnäckige Gewohnheiten. Wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch nicht so streng fasten, wie Jesus in dieser Geschichte, so ist es doch schon ein schwieriges Vorhaben, sieben Wochen lang auf Süßigkeiten, Alkohol oder YouTube zu verzichten.

Worauf es wirklich ankommt

Im Predigttext versucht der Teufel Jesus gerade an der Stelle zu packen, wo er sicher nach vierzig Tagen ohne Essen am empfindlichsten war: Bei der Stillung des Grundbedürfnisses nach Nahrung. Jesus hatte schlicht und einfach Hunger und der Teufel schlägt ihm vor, nun aus Steinen Brot zu machen um den Hunger zu stillen. Die Antwort Jesu: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht, macht den tieferen Sinn des Fastens deutlich. Wer fastet verzichtet auf etwas, das uns im alltäglichen Leben selbstverständlich erscheint. Damit kann der Blick frei werden für Dinge, die im Alltag schnell verdeckt werden.

Das Wort Gottes, der Blick für das Wesentliche des Lebens und des Glaubens, liegt eben nicht in den offensichtlichen Dingen des Lebens, sondern kommt nur in den Blick, wenn man dahinter schaut. Eine Hilfe, diesen Blick hinter die Kulissen des Alltags zu werfen, kann das Fasten sein, der bewusste Verzicht.

Die Geschichte von der Versuchung Jesu macht aber nicht nur den Sinn des Fastens deutlich, sondern zeigt Grundlagen unserer Glaubens ganz allgemein.

Wie bitte? Der Teufel?

Es geht in unserem Predigttext nicht um die Frage, ob es den Teufel gibt, auch wenn dies auf den ersten Blick naheliegt. Für Matthäus ist das gar keine Frage. Aber wie beschreibt Matthäus den Teufel? Er kommt von irgendwoher, keiner weiß woher, tritt zu uns und will etwas von uns. Jesus ist offenbar gar nicht überrascht, als der Teufel kommt. Er ist auch nicht erschrocken, läuft nicht weg und kämpft auch nicht mit den Händen, sondern antwortet auf alles, was der Teufel hier zu ihm sagt. Sie streiten, aber sie streiten mit Worten.

Der Predigttext macht deutlich: Der Teufel macht immer das gleiche, er versucht immer das gleiche: Er will, dass wir Gott vergessen. Er verspricht Macht und Einfluss und Reichtum, die Befriedigung aller Bedürfnisse, wenn wir Gott vergessen und vergessen können, was Gott will. Dagegen streitet Jesus in dieser Geschichte und er hat schließlich gewonnen, weil er sich nicht verlocken ließ.

Wenn wir etwas genauer in diesen Text hineinschauen, dann fällt etwas Merkwürdiges auf: Es steht nicht da, woher der Teufel kommt, es steht nicht da, wie er aussieht, wo er schließlich hingeht oder wo er wohnt. Diese Fragen mögen manche Menschen interessieren. Aber nicht in unserem Text. Und das liegt offensichtlich daran, dass das nicht wichtig ist.

Es ist wohl noch nicht einmal wichtig, ob der Teufel wirklich eine Person ist mit Händen, Pferdefuß, Gesicht und Hörnern. Es ist nur wichtig, dass es solche Versuchungen und Verlockungen gibt. Es ist wohl auch viel gefährlicher, dass es sie in uns, als Teil von uns gibt. Es gibt sicher das Teuflische in den Menschen, in uns. Es gibt Menschen, gerade ganz gläubige, fromme Menschen, die dem Teufel mehr Ehre geben, als er es verdient. Und die Frage nach dem Wesen des Teufels kann leicht dazu dienen, von unserer eigenen Versuchlichkeit und unserer eigenen Gottvergessenheit abzulenken.

Gott vergessen

Zuerst will der Teufel, dass Jesus seine leiblichen Bedürfnisse befriedigt, dass er seinen Hunger stillt. Dann möchte er, dass Jesus sich selbst beweist. Vielleicht ist diese zweite Versuchung für uns heute die gefährlichste. In einer Welt, in der man immer und überall auf dem Prüfstand steht, in der man keine Schwächen zeigen darf, scheint es für viele Menschen zum eigentlichen Lebenszweck zu werden, sich selbst und anderen zu beweisen, wer oder was man ist, dass man etwas wert ist. Schließlich geht es in der dritten Versuchung um Macht. Jesus soll Gott vergessen, ja verleugnen, um groß und mächtig zu werden.

Das versucht der Teufel, oder auch das Teuflische in mir: Gott zu vergessen, weil es mir dann angeblich besser geht. Ich soll vergessen, wer die Welt geschaffen hat, die Tiere, die Pflanzen, die Menschen. Ich soll vergessen, oder will vergessen, warum ich auf der Welt bin, warum ich lebe, arbeite, mit Menschen zusammen bin. Und schließlich soll ich vergessen, dass Jesus lebte und starb, damit Menschen geholfen werde. Das alles soll ich vergessen und nur an mich selber denken. Das ist die eigentliche Versuchung: Kümmere dich nur um dich selbst, dann geht es dir gut! Sorge dich nur um dich selber, dann hast du alles und bist du alles.

Brot und Wort

Wie antwortet Jesus? Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht. Zuerst gilt: der Mensch lebt zwar nicht vom Brot, das hier für die Grundbedürfnisse des Menschen allgemein steht, allein, aber natürlich weiß Jesus, dass das notwendig ist. Wir Menschen haben Bedürfnisse, wir brauchen Nahrung, ein Dach über dem Kopf, Kleidung, alles, was zum Leben nötig ist. Und Gott will, dass jeder Mensch das Lebensnotwendige hat.

Dennoch gilt das zweite: die äußeren Bedürfnisse sind nicht das erste und letzte! Ohne das Hören auf das Wort Gottes, das Achten auf den Willen Gottes, ist das alles nicht viel wert. Auf die Dauer trägt der äußere Besitz nicht durch und wer immer nur nach Vermehrung von Hab und Gut trachtet, der verliert mehr, als er gewinnt. Es ist eine banale, aber dennoch wahre, alte Weisheit, dass das letzte Hemd keine Taschen hat. Deshalb gilt für den christlichen Glauben, die Genügsamkeit und das Achten auf das, was Gott uns sagen will, in der Bibel, im Gottesdienst, im Gespräch mit anderen Christinnen und Christen.

Gottvertrauen

Die zweite Antwort Jesu: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen. Man könnte meinen, wenn Jesus sich vom Dach des Tempels gestürzt hätte, wäre das ein Beweis seines Gottvertrauens gewesen. Aber so einfach ist das nicht. Eine Einstellung, die anderen beweisen will: Schaut her, wie groß mein Gottvertrauen ist – das ist „Gott versuchen“.

Gottvertrauen will sich im täglichen Leben bewähren, nicht beweisen. Für den Glauben ist es tödlich, wenn man nach Beweisen sucht. Letztendlich steckt dahinter der Drang des Menschen, eine Sicherheit zu erlangen, die es nicht geben kann. Besonders trügerisch kann die Selbstsicherheit sein. Wenn ich mir meiner selbst und meines Glaubens so sicher bin, dass ich mich vom Dach des Tempels stürzen würde, dann habe ich den Glauben den Jesus hat verfehlt, das ist nicht der Glaube an Jesus.

Du sollst den Herrn, deinen Gott nicht versuchen, das heißt: strebe nicht nach Glaubens- und Selbstsicherheit, sondern übe dich in der Gelassenheit des Glaubens im alltäglichen Leben. Diese Gelassenheit ist ganz unspektakulär, es geht nicht um überwältigende Erlebnisse oder Glaubenserfahrungen, wie gerade heute viele Christen meinen.

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Woran du dein Herz hängst

Die dritte Antwort Jesu lautet: Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen. Das ist das erste Gebot, an dem alles hängt. Damit steht und fällt unser Glaube. Martin Luther hat dazu gesagt: Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.

Woran hängen wir unser Herz? Es können viele verschiedene Dinge sein. Jeder und jede muss diese Frage für sich selbst beantworten. In dem Predigttext geht es um Macht. Ich denke, diese Gefahr ist für die meisten von uns nicht so groß. Aber wie steht es zum Beispiel mit dem Geld? Man kann sein Herz auch an Menschen hängen. Ich gebe zu, das ist eine Gratwanderung. Natürlich hat Gott nichts dagegen, wenn wir zum Beispiel unseren Ehepartner und unsere Kinder und Enkel lieben. Aber man kann sich auch von ihnen abhängig machen oder gar andere von sich selbst. Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott. Auch in diesem Zusammenhang kann Fasten eine Hilfe sein. Viele verändern gerade die Lebensgewohnheiten, von denen sie merken, dass sie sie gefangen nehmen.

Bei all dem, was der Versucher anzubieten hat steht immer das „Ich“ im Mittelpunkt. Wenn ich mich aber auf Gott einlasse und dem Weg Jesu folge, dann kann ich mich nicht nur um mich selber kümmern, um meine Bedürfnisse. Wenn ich den ach so tollen Versuchungen widerstehe und mich eindeutig auf die Seite Gottes stelle, dann mache ich die Entdeckung, wie wunderbar es ist, wenn Menschen sich umeinander kümmern und sorgen. Das kann mich daran erinnern, warum ich lebe. Ich lebe nicht nur für mich, sondern auch für andere.

Die Fastenzeit kann mir neu zeigen, wie schön und wertvoll es ist, wie es in dem Lied heißt, dass wir gleich singen werden, mit den Traurigen ein Lied zu singen, mit den Einsamen das Haus zu teilen. „Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.“

Amen.

EG 420: Brich mit den Hungrigen dein Brot

Es gilt das gesprochene Wort.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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