Neue Andachtsapp vom Evangelischen Medienhaus Stuttgart

Da soll noch einer sagen, Kirche wäre von gestern. Das evangelische Medienhaus Stuttgart hat in der letzten Woche eine Andachtsapp vorgestellt. Laut eigener Aussage gibt es eine solche App bisher nicht. Naja, dann hat es aber doch ganz schön lange gedauert, bis Kirche im Heute angekommen ist.
Ihr findet die Andachstapp im Google Play Store und (hoffentlich bald) im iTunes-Store. Weitere Infos gibt es auch auf der Website andachtsapp.de. Leider gibt es die App nicht für Windows Phone und auch im Amazon-Store für Kindle ist sie nicht erhältlich. Gut, das ist schon verständlich, wenn man sich die Marktanteile anschaut, aber könnte Kirche nicht auch was für digitale Minderheiten tun?

„Ich glaub schon.“ hat für Schwaben einen doppelten Klang. Zum einen ist „Ich glaub schon.“ eine Bestätigung, die aber einen Rest von Zweifel übrig lässt. Zum anderen steht „Ich glaub schon.“ für eine feste Aussage aus Überzeugung. Es kommt eben auf die Betonung an.Glaube und Nachdenken – das gehört zusammen. So kommt wie von selbst die Frage auf, wie man es selber sieht. Das zwingt zur Auseinandersetzung und zur Suche nach dem eigenen Standpunkt. Das lässt Vielfalt zu.“Ich glaub schon.“ Das ist eine Einladung, gemeinsam mit anderen über die Fragen des Lebens zu sprechen, nachzudenken und zusammen Antworten zu finden. „Ich glaub schon.“ ist eine Einladung zu Begegnung, zu Auseinandersetzung, zu Kommunikation ohne Ende. (Zitat von der Website ich-glaub-schon.de)

Ich hab mir die Andachtsapp mal genauer angeschaut.

Ein Impuls für den Tag

Die App soll jeden Tag einen Impuls bieten, also eine Andacht “bewegt, lebendig, täglich”, wie das evangelische Medienhaus auf der Website schreibt. Angekündigt ist, dass es Video-, Audio- und Textandachten geben soll. Bisher gibt es leider nur Videoandachten. Ich denke, das ist aber wohl auch die zentrale Form. Offensichtlich werden die Andachten nicht extra für die App produziert. Sie stammen teilweise aus dem Kirchenfernsehen der württembergischen Landeskirche. Auch vom Jugendwerk dieser Kirche wurden Andachten übernommen.
Ich sehe darin grundsätzlich kein Problem, auch wenn ein Kollege von mir, Ralf Peter Reimann, auf seinem Blog Theonet schreibt, ihm seien die Andachtsvideos zu lang. Vielleicht ist es doch nötig, sich genauer zu überlegen, welche Zielgruppe mit der App angesprochen werden soll und dafür zugeschnittene Andachten zu produzieren.
Insgesamt gefällt mir die Idee einer täglichen Andacht fürs Smartphone sehr gut und die Umsetzung lässt sich durchaus auch schon sehen. Allerdings scheint es mir insgesamt noch ein “Betastadium” zu sein. Es gibt doch noch einiges zu tun. Hier meine Beobachtungen.

Technik

Leider gibt es bisher nur die Android-Version. Aufgrund eines “Appstaus” bei Apple konnte die iOS-Version bisher noch nicht freigegeben werden. Ausgerechnet! Ist doch die Android-Version offensichtlich noch nicht ganz fertig. Einige Funktionen, die scheinbar in der iOS-Version schon drin sind, sollen erst mit dem nächsten Update verfügbar werden.
Überhaupt scheint technisch noch einiges nachgebessert werden zu müssen. Obwohl erst wenige Andachten in der Andachtsapp vorhanden sind, hatte ich schon beim ersten Umschauen mehrere Abstürze. Zwar lässt sich die App problemlos wieder neu starten, trotzdem ist das ärgerlich.
Ganz besonders störend ist, dass die App im Hochformat programmiert ist, Videos aber in einem externen Player in Querformat angezeigt werden. Das heißt Smartphone drehen und wenden.
Mir ist aufgefallen, dass beim Öffnen der App kurz ein Startbildschirm angezeigt wird. Leider ist er aber nur so kurz sichtbar, dass es nicht möglich ist, damit etwas anzufangen. Vielleicht gäbe es dort ja auch eine Hilfefunktion, die ansonsten in der App fehlt.
Sicher nur ein kleines Versehen ist, dass eines der Videos nicht vollständig abgespielt wird. Auch bei mehreren Versuchen blieb es an der selben Stelle hängen.

Design

Das Design der Andachtsapp finde ich insgesamt ansprechend. Es entspricht den üblichen Gepflogenheiten von mobilen Apps. Die Handhabung ist auch wie üblich und stellt deshalb kein Problem dar. Die Farbgebung mit dem Kirchenlila lässt so etwas wie eine Corporate Identity aufscheinen.
Etwas seltsam finde ich, dass auf der Hauptseite das aktuelle Wetter angezeigt wird. Wofür braucht man das eigentlich in einer Andachtsapp?
Ich weiß, über Geschmack lässt sich prima streiten. Jeder sieht das anders. Aber mir ganz persönlich gefallen die ausgewählten Bilder nicht besonders gut. Qualitativ ist wohl nichts daran auszusetzen, aber gerade bei den Bildern wäre ein Bezug zum Thema, zu Kirche, zu Glaube oder Bibel doch sicher nicht verkehrt. Warum mir aber ein nebelverhangener Hügel den Start mit einer Andacht in den Tag versüßen soll, ist mir nicht klar. Außerdem laden manchmal die Hintergrundbilder nicht und es bleibt bei einem irgendwie eingefärbten Bildschirm.
Die Video sind leider auch nicht alle besonders überragend. Aber wenn sie insgesamt durchschnittlich ist das ja immer noch nicht schlecht. Nur eine stilisierte Sonne und ein Kirchturm-Hahn, der mich zur Morgenandacht begrüßt, machen noch kein tolles Video. Die meisten Videos sind schlicht im Studio aufgenommen, wie früher beim Wort zum Sonntag im öffentlich rechtlichen.
Was man in Zukunft besser machen könnte zeigt die Andacht “Ernten ist nicht selbstverständlich” von Jürgen Kaiser. Hier ist wirklich Bewegung drin (gefilmt in einer Fruchtsaft-Fabrik, passend zur Apfelernte und Erntedank) und dadurch wirkt die ganze Andacht lebendiger. So ist ja auch der Anspruch der Macher: “bewegt, lebendig, täglich”.

Inhalt

Das Inhaltsverzeichnis erschließt sich mir nicht sofort – eigentlich auch später nicht wirklich. Es gibt folgende Punkte:

  1. Die Suche: Eine Suchfunktion gehört einfach dazu – okay. Soweit kann ich mit. Allerdings ist mir nicht wirklich klar, wonach mit dieser Suche geforscht werden kann. Wenn es nur die Titel und Beschreibungen, aber nicht der Inhalt, sind, dann ist sie nicht besonders hilfreich. Eine gründliche Verschlagwortung wäre dann wohl angebracht. Dann kann die Suchfunktion bei wachsendem Archiv durchaus sinnvoll werden.
  2. Die Wochenansicht: Das ist die Hauptansicht. Ich habe mich nur anfangs gefragt, was eigentlich eine Wochenansicht bedeutet. Tatsächlich angezeigt wird hier das aktuelle Wetter (siehe oben) und das jeweilige Datum. Darüber hinaus wird aber nur ein einziges Video präsentiert. Das Video für den Tag! Wäre dann Tagesansicht nicht das richtige Wort? Aber nein! Die Programmierer haben sich tatsächlich etwas dabei gedacht. Nur leider habe ich eine Weile gebraucht um das zu verstehen. Es gibt einen klitzekleinen lila Balken, der sich auf einer oben angezeigten Linie bewegt. Er braucht sieben Wischbewegungen um die Linie von einer Seite zur anderen zu durchwandern – also eine Woche. Ha! Da haben wir die Wochenansicht. Naja, das scheint mir etwas weit hergeholt!
  3. 99 Sekunden: Die meisten Benutzer werden sich wohl fragen, was das sein soll. Ich hatte das Glück, dass ich “99 Sekunden” bereits kannte. Es ist eine Website mit Andachten für Jugendliche, die 99 Sekunden dauern (sollen). Die Website 99seconds.info wird vom evangelischen Jugendwerk in Württemberg betrieben. Komisch ist nur, dass die Videos immer deutlich länger als 99 Sekunden dauern. Das liegt am Vor- und Abspann. Verständlich aber trotzdem auffällig. So, jetzt wissen wir, was es mit dem Menüpunkt “99 Sekunden” auf sich hat, aber was stellt sich jemand darunter vor, der das nicht kennt?
  4. Ich glaub schon: Wer weiß, dass die Andachtsapp auf der Website ich-glaub-schon.de angeboten wird, der kann vielleicht mit diesem Punkt etwas anfangen. Doch was ist das spezielle an diesen Videos? Informierten ist inzwischen klar, dass es bei 99 Sekunden um Andachten für junge Leute geht, aber hier…? Das einzige, was ich bemerkt habe, ist, dass es Videos gibt, die mit dem Satz “Ich glaub schon” enden. Seltsamerweise aber nicht nur in diesem Abschnitt. Liebes Medienhaus, könnt ihr mir das bitte genauer erklären?
  5. Kirchenfeste: Die App wurde um Erntedank herum herausgegeben und es finden sich hier zwei Videos zum Erntedankfest. Damit ist dieser Menüpunkt klar. Es werden wohl in Zukunft weitere Andachten zu den Festen des Kirchenjahres erscheinen. Das ist nicht nur klar, sonder ich freue mich darüber, dass dieser Punkt ausdrücklich berücksichtigt wurde. In einer Zeit, in der immer weniger Menschen die Bedeutung der Kirchenjahresfeste verstehen, wird so etwas immer wichtiger.
  6. Morgenandacht: Auch dieser Menüpunkt ist eindeutig. Hier finden sich Andachten, die speziell zum Tagesanfang gedacht sind. Interessant ist aber, dass es hier eine Andacht gibt, die auf der Website des Kirchenfernsehns als Abendandacht eingestellt ist. Das fand ich lustig, tut der Sache aber nicht weh. Die Andacht kann auch morgens gut gehört, gesehen werden.
  7. Wort zum Tag: Hier findet sich die Übersicht der täglichen Andachten. Auch das ist ein relativ selbstredender Menütitel.
  8. Favoriten: Eine Funktion, mit der ich mir meine Favoriten markieren kann ist gut. Gefällt mir eine Andacht besonders gut, dann finde ich sie direkt wieder. Naja, bisher gibt es nur etwa 20 Andachten, aber es kommen ja täglich neue hinzu. Irgendwann wird die Favoritenansicht sicher immer hilfreicher.
  9. Kontakt / Impressum: Hier ruft die Pflicht! Natürlich muss das sein, schon aus rechtlichen Gründen.
  10. Nein, es gibt keinen zehnten Eintrag im Inhaltsverzeichnis, aber ich hätte gerne noch einen: Eine Hilfefunktion, die mir all die Fragen, die ich bisher gestellt habe, beantwortet. Das wäre schön.

Meine Gesamtbeurteilung der Andachtsapp

Ich finde die Idee super! Ich freue mich, dass das evangelische Medienhaus Stuttgart diese Arbeit angegangen ist. Euch allen kann ich nur empfehlen: Ladet euch die App auf euer Smartphone oder Tablet – zumindest, wenn ihr ein Android-System habt. Wenn die iOS-Version erscheint, werde ich hier darüber informieren.
Sicher ist noch nicht alles optimal in der App. Deshalb habe ich eben geschrieben, dass sie noch in einem “Betastadium” ist. Trotzdem bin ich der Meinung, dass sie tolles Potential hat. Dadurch haben viele die Möglichkeit ganz einfach einen festen Punkt in ihren Tagesablauf einzubinden, der den Glauben fördert und die Besinnung auf Gott ermöglicht. In unserer hektischen Zeit ist das sicher ein ganz wichtiger Punkt.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

PS: Ich habe gerade noch eine Seite mit einem Test der Andachtsapp gefunden: TheoPop.