Wochenspruch 7. Sonntag nach Trinitatis

Der Wochenspruch 7. Sonntag nach Trinitatis steht in Epheser 2, 19 und heißt:
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.

Essen – einsam oder gemeinsam

Ich habe den Eindruck, dass ein gemeinsames Essen heute immer seltener wird. Für die meisten Menschen, die allein leben, ist es Alltag. Selbst in Familien mit Kindern ist es nicht mehr selbstverständlich, gemeinsam zu essen. Es gibt auch keine gemeinsame Zeit mehr dafür.

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Information über die Wochensprüche

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Alle Wochensprüche des Kirchenjahres

Alle Wochensprüche habe ich hier aufgeführt: Die Wochensprüche des Kirchenjahres.

In Deutschland essen nur noch 59 Prozent mit anderen gemeinsam zu Abend. Heftig, oder? Aber immerhin sagen 77 Prozent, dass ihnen das Essen im Kreis der Familie wichtig ist (Artikel „Zu Tisch!“ in der Zeit, siehe unten). Jeder isst wann, wo und was er gerade möchte. Das ist sehr schade und uns geht dabei etwas verloren.

Andererseits gehen wir gerne mit Freunden aus oder kochen sogar gemeinsam. Auch wenn das meistens einen besonderen Anlass hat, spüren wir hier doch, dass es etwas Besonderes ist.

Was hat das mit diesem Wochenspruch zu tun?

Der 7. Sonntag nach Trinitatis ist der sogenannte „Abendmahlssonntag“. Es geht in den liturgischen Texten und Lesungen um gemeinsames Essen als zentralem Punkt des Zusammenlebens – in der christlichen Gemeinde, im Familien- und Freundeskreis.

In dem Wochenspruch kommt das zum Ausdruck, wenn es heißt, dass wir als Christen „Hausgenossen Gottes“ sind. Wir gehören also gemeinsam zu Gottes Familie. Im Abendmahl – auch wenn es sehr ritualisiert ist – wird das sichtbar im gemeinsamen Essen und Trinken.

Der Mehrwert des gemeinsamen Essens

Wenn wir Menschen essen und trinken, dann werden wir nicht nur satt. Es passiert noch viel mehr, gerade auch seelisch. Denk nur mal daran, wie Du Dich fühlst, wenn Du Dein absolutes Lieblingsgericht vor Dir stehen hast. Die körperlichen, psychischen und sozialen Aspekte des Essens verstärken sich noch vielfach, wenn wir in Gemeinschaft essen.

„Wenn wir nicht zusammen essen, geht uns Sicherheit verloren und Geborgenheit“, sagt der Psychologe Marshall Duke. „Gemeinsames Essen ist das Rückgrat des menschlichen Miteinanders.“ (Artikel „Zu Tisch!“ in der Zeit, siehe unten).

Duke erforschte die „Psychologie des Abendessens“ in Familien und fand heraus, dass die Kinder psychisch am gesündesten waren, die am meisten über die Geschichte ihrer Familie wussten. Das allein finde ich schon erstaunlich. Was Duke aber noch entdeckte, ist, dass dieses Wissen vor allem während des Essens zwischen den Generationen weitergegeben wird.

Darf ich mal ganz unwissenschaftlich – oder vielleicht doch… – zwei Schlüsse daraus ziehen?

Essen gibt Geborgenheit und Erinnerung

  1. Wenn Du die Gelegenheit hast: Iss mit der Familie zusammen, unterhaltet euch über alles Mögliche. Erzähl den Kindern, Enkeln, Nichten und Neffen aus Deinem Leben. Erzähl, wie Du Deinen Partner kennengelernt hast, wie Du als Kind gespielt hast. Erzähl von Deinen Eltern und Großeltern. Erzähl, was Du von den „Familiengeschichten“ noch weißt.
  2. Dieses Erinnern und die Sicherheit und Geborgenheit sollten auch die Mitte des Abendmahls in unseren Kirchengemeinden sein. Das Erinnern an die „Familiengeschichte Gottes“, an das Leben und die Worte Jesu. Die Geborgenheit – nicht unbedingt in der Gemeinschaft mit den doch mehr oder weniger zufällig zusammenkommenden Teilnehmern am Abendmahl, die Du vielleicht gar nicht kennst… Die Geborgenheit, die durch den Glauben und die Symbolik, ja sakramentale Wirkung des Abendmahls entsteht.
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Die „Familie Gottes“

Das steht für mich ganz klar hinter dem Gedanken des Wochenspruchs 7. Sonntag nach Trinitatis: Nicht mehr nur Fremde oder Gäste, nein, Du gehörst dazu. Du gehörst zu dieser großen weltumspannenden und durch zwei Jahrtausende gewachsenen Gemeinschaft, zu den Bürgern des „Reiches Gottes“, zu den Hausgenossen, den Mitglieder der „Familie Gottes“.

Diese vier Wörter – Gäste, Fremdlinge einerseits, Mitbürger und Hausgenossen andererseits – sind im Wochenspruch 7. Sonntag nach Trinitatis wohl ganz bewusst gewählt. Im Griechischen sind es die Wörter: Xenoi, Paroikoi auf der einen Seite und Sympolitai, Oikeioi als Gegenbegriffe.

Ich finde es sehr spannend, dass auch dieser Bibelvers verschiedene Ebenen berührt:

  1. historisch: Damals gab es einen Gegensatz zwischen Christen, die Juden waren, und denen, die vorher „Heiden“ (Römer, Griechen…) waren. Darauf bezieht sich der Spruch: Aus dem Gegensatz Juden und Heiden soll eine christliche Gemeinschaft der Mitbürger und Hausgenossen werden.
  2. kirchlich: Auch in unseren Gemeinden heute, sollen sich ganz unterschiedliche Menschen wohlfühlen können. Auch wenn das nicht immer gelingt, es ist das Ziel, das wir als Christen, als Kirche immer verfolgen sollten. Alle, die das möchten, können dazugehören, egal, wie fremd sie sich vorher waren.
  3. persönlich: Für jeden einzelnen Gläubigen beinhaltet dieser Spruch auch die Versicherung: Du gehörst dazu. Du ganz persönlich bist ein von Gott geliebter Mensch und gehörst zur „Familie Gottes“. Es spielt dabei keine Rolle, welches Geschlecht Du hast, wie Du aussiehst, woher Du kommst, wie alt Du bist, wie reich, schlau oder schön Du bist… Du gehörst einfach dazu!
  4. gesellschaftlich: Man könnte auch sagen politisch! Um das zu erklären möchte ich mir die griechischen Wörter noch einmal etwas genauer anschauen:

Die „Politik des Glaubens“

Die Wortwahl im Wochenspruch 7. Sonntag nach Trinitatis hat auch gesellschaftliche oder politische Bezüge.

Xenoi: In dem „Fachbegriff“ Xenophobie (Fremdenfeindlichkeit) finden wir heute noch dieses Wort. Gemeint ist der Fremde, das heißt, jemand, der nicht aus dem Land oder Gemeinwesen stammt, in dem er als Fremder lebt. Ja, ich bin überzeugt, dass wir dabei durchaus auch an die Diskussionen unserer Zeit über Flüchtlinge und Asyl denken können. Nicht mehr fremd zu sein, das wäre das Ziel einer (christlich eingestellten) Gemeinschaft.

Dem gegenüber steht in dem Spruch das Wort Sympolitai. Das heißt Mitbürger und enthält im griechischen das Wort Politik. Darin steckt die Polis, das Gemeinwesen, die Stadt oder Gemeinde. Es geht also um mehr, als nur die Familie und Verwandtschaft. Es geht um die Gemeinschaft, bzw. Gesellschaft, in der Menschen zusammenleben, eben Mitbürger sind.

Auch die beiden Gegenbegriffe Paroikoi (Gäste) und Oikeioi (Hausgenossen) sind aufeinander bezogen. In beiden Wörtern steckt der Begriff Oikos, das Haus. Damit ist das direkte Zusammenleben in der Familie (zu der damals aber auch Hausangestellte und sogar Sklaven gehörten) gemeint. Auch hier sollen Gäste zu Hausgenossen werden – oder lass mich es so ausdrücken: Zu Familienmitgliedern.

Es ist wohl kaum ein Zufall, dass ausgerechnet diese Begriffe gewählt wurden. Nehmen wir also als Christinnen und Christen diesen Wochenspruch ernst, dann führt er uns auch dazu, im Rahmen unserer Familien und unserer Kirchengemeinden genauso wie in dem Ort und der Gesellschaft, in der wir wohnen, gastfrei zu sein. Das gilt gerade auch den Menschen, die uns fremd sin. Xenophobie, Fremdenfeindlichkeit ist jedenfalls niemals christlich!

Abendmahlssonntag

Der 7. Sonntag nach Trinitatis ist der „Abendmahlssonntag“. Lass uns diesen Sonntag so feiern! Ein Sonntag, an dem uns unser Glaube daran erinnert:

  • Ich gehöre mit vielen andern zu Gott wie zu einer Familie.
  • Gemeinde ist eine Familie. Gemeinde muss gastfreundlich sein.
  • Wer in die Kirche kommt ist kein Gast, sondern ein Familienmitglied.
  • Das Abendmahl ist ein symbolisches gemeinsames Essen, in dem das alles zum Ausdruck kommt.
  • Fremde sollen zu Mitbürgern werden. Die Grenzen zwischen den Völkern ist aufgehoben.
  • Gäste sind nicht nur willkommen, sie sollen sich zuhause fühlen und dazugehören.

Links

Verschiedene Informationen zum 7. Sonntag nach Trinitatis findest Du hier:
https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/article.php#817

Hier noch zwei interessante Predigten zum Wochenspruch 7. Sonntag nach Trinitatis:
https://predigten.evangelisch.de/predigt/predigt-zu-epheser-217-22-von-inke-raabe
https://www.predigtpreis.de/predigtdatenbank/predigt/article/predigt-ueber-epheser-219.html

Den zitierten Artikel aus der Zeit findest Du hier:
https://www.zeit.de/2019/32/esskultur-gemeinschaft-psychologie-sicherheit-miteinander-esstisch
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Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

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