Jahreslosung 2014

Der ultimative Weg zum Glück!

Bist du glücklich? Was brauchst du zum glücklich sein? Ist es wirklich so einfach, wie es die Jahreslosung 2014 sagt: Gott nahe zu sein ist mein Glück? Wann bin ich Gott nahe? Ist das so klar zu sagen? Wie soll ich die Nähe Gottes spüren? Und wenn ich sie nicht spüre, wie kann man dann noch von Glück reden?

Gott nahe zu sein ist mein Glück – ist das nicht etwas naiv?

Bei genauerem Hinschauen ist dieser schlichte, einfache und scheinbar so wohltuende Spruch gar nicht mehr so naiv.

Die Jahreslosung 2014 aus Psalm 73, 28 ist in diesem Jahr der Einheitsübersetzung entnommen. In einer Hinsicht ist diese Übersetzung nicht ganz eindeutig: „Gott nahe zu sein“ lässt offen, ob Gott sich mir nähert oder ob ich die Nähe Gottes suchen muss. Luther und Buber übersetzen dagegen eindeutiger: Ich halte mich zu Gott (Luther) und ich nahe mich Gott (Buber). Ich finde diese Frage sehr wichtig, auch wenn es auf den ersten Blick etwas haarspalterisch wirkt. Dazu später mehr.

Wenn wir verschiedene Übersetzungen vergleichen, dann fällt auf, dass nicht alle vom Glück sprechen. Das hebräische Wort im Original wird sehr unterschiedlich übersetzt. Allein bei den drei erwähnten Übersetzungen: Glück, Freude, Gutes.

Es bleibt dabei natürlich auch die zentrale Frage, wie ich dieses Glück, die Freude, das Gute der Nähe Gottes in meinem Leben konkret erfahren kann.
Schließlich haben die Herausgeber der Jahreslosung den Anfang des Verses weg gelassen. Das ist sehr schade. Dort steht nämlich noch: „Ich aber!“ Was es damit auf sich hat versuche ich noch zu erläutern.

Ich nehme mir also für diesen Artikel folgende Punkte vor:

  • Gott schenkt mir seine Nähe
  • Ich suche die Nähe Gottes
  • Was ist Glück?
  • Wie spüre ich die Nähe Gottes?
  • Ich aber!

Gott schenkt mir seine Nähe

Mein Bloggerkollege Philipp Greifenstein hat auf seinem Blog ein Bullshit-Bingo “Weihnachtspredigt” veröffentlicht. Dabei geht es um Sätze, die immer und immer wieder in Weihnachtspredigten zu hören sind. Meistens sind es Sätze, die nicht besonders inhaltsreich sind. Grundsätzlich finde ich diese Aktion sehr gut. Wir Pfarrer und Pfarrerinnen sollten uns schon überlegen, was wir Sinnvolles zu Weihnachten predigen wollen. Allerdings hat Philipp Greifenstein auch Sätze aufgenommen, die ich in einer Weihnachtspredigt vermissen würde. So zum Beispiel: „Gott will uns ganz nah kommen.“

Nein, lieber Kollege, diesen Satz will ich immer wieder hören. Vielleicht würde ich ihn etwas abändern: Gott kommt uns ganz nah! Er will nicht nur, er tut es. Er wird Mensch in Jesus.
Das heißt, dass ich nicht alle möglichen Anstrengungen und frommen Werke unternehmen muss um in Gottes Nähe zu kommen. Gott schenkt mir seine Nähe. Ein für alle Mal und ohne Wenn und Aber.

Psalm 73, 28 (E) Gott nahe zu sein ist mein Glück.

Psalm 73, 28 (LU 84) Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte.

Psalm 73, 28a (Buber) Ich aber, Gott nahn ist mir das Gute.

Ich suche die Nähe Gottes

Wenn Gott mir seine Nähe einfach schenkt, dann könnte ich ja sagen: Okay, dann ist ja alles gut. Aber, was hat dieser Glaube dann für Auswirkungen in meinem Leben? Kann mir doch eigentlich völlig egal sein, was Gott sich dabei denkt.
Richtig problematisch wird es dann, wenn es mir nicht egal ist, aber ich gerade nichts von Gottes Nähe spüre. Wenn es mir nicht gut geht, wenn ich krank bin, oder einfach, wenn ich mir den desolaten Zustand der Welt anschaue.

Okay, die Jahreslosung 2014 gibt sicher keine Antwort auf alle kritischen Anfragen an unseren Glauben und an Gott. Es scheint mir aber so, dass auch die aktive Übersetzung von Luther und Buber ihr Recht hat. Kann ich die Nähe Gottes suchen?

Wenn ich die Nähe Gottes ignoriere, dann ist Gott etwa so, wie ein unglücklich Verliebter. Wenn der geliebte Mensch seine Liebe ablehnt, dann kann er natürlich auch nichts davon spüren. – Ich gebe zu, das ist etwas platt ausgedrückt, aber ich möchte es jetzt einfach mal ganz einfach auf den Punkt bringen.

Im Psalm 73 selbst beschreibt der Beter, wie sehr er an seinem eigenen (gesundheitlichen) Zustand und an seinen negativen Erlebnissen in der Welt leidet. Aber dann schreibt er einen kleinen Halbsatz: …bis ich ging in das Heiligtum Gottes. (Vers 17).

Unser Pfarrer hier in Liebenscheid, Eckhard Schmitt, hat in der Silvesterpredigt von einem „Ortswechsel“ gesprochen. Das hat mich zum Nachdenken angeregt! Der Psalmbeter wechselt den Ort seiner Klage. Er geht in die Kirche – um es mal mit unseren Worten zu sagen. Er sucht damit aktiv die Nähe Gottes (ja, ja, die sicher auch an anderen Orten zu finden ist!). Mit diesem Ortswechsel ändert sich auch seine gedankliche Perspektive. Plötzlich spürt er die Nähe Gottes.

Im konkreten Sinne des Wortes habe auch ich mit meiner Familie einen Ortswechsel vorgenommen. Wir sind kurz vor Weihnachten von Rennerod nach Liebenscheid gezogen. Es ist zwar jetzt noch alles Neu hier, aber ich merke bereits jetzt, wie dieser Ortswechsel mich und auch meine Beziehung zu Gott verändert. Ich bin gespannt, was sich durch diesen Wechsel im Jahr 2014 noch alles tut.

Ein solcher Ortswechsel kann auch im übertragenen Sinne geschehen. Ein Wechsel der Perspektive unseres Denkens kann schon einen großen Unterschied machen. Sicher wird dadurch nicht alles anders. Eine Krankheit lässt sich nicht einfach wegdenken. Ein neuer Arbeitsplatz lässt sich nicht einfach herbeidenken.

Aber aktiv die Nähe Gottes auch in Gedanken zu suchen, kann der erste Schritt eines neuen Weges sein. Auch wenn dieser erste Schritt nur ein ganz kleiner ist, kann er die Zielrichtung gewaltig verändern.

Was ist Glück?

Im hebräischen Originaltext steht in der Jahreslosung 2014 das Wort „tov“. Manche kennen es vielleicht aus dem jiddischen Satz: Masel tov (Viel Glück).

„Tov“ bedeutet schlicht und einfach „gut“. Dieses Wort wird schon in der Schöpfungsgeschichte gebraucht, wo es heißt: …und siehe es war (sehr) gut. Gott betrachtet seine Schöpfung und befindet sie „tov“. Mir scheint, damit ist deutlich mehr als nur „gut“ gemeint. Es ist deshalb schon richtig, dass es verschiedene Übersetzungen dafür gibt.

„Tov“ bedeutet also all das, was gut ist. Eben auch Glück, beglückend, Freude, köstlich, Wonne, Güte …

Was ist Glück? Ist es Glück im Sinne von „Glück gehabt“ oder im Sinne von „glücklich sein“.

Es lohnt sich wohl für jeden von uns, mal intensiver darüber nachzudenken, was uns glücklich macht. Sicher werden die meisten spüren, dass es nicht (zuerst) Geld und Besitz sind. Vermutlich werden viele sofort an Familie und Freunde denken. Alles gut und schön, aber lasst uns doch mal noch etwas konkreter und gründlicher darüber nachdenken. – Nein, ich werde es hier jetzt nicht vormachen! Das ist doch für jeden sehr persönlich! – Die Jahreslosung 2014 „Gott nahe zu sein ist mein Glück“, lädt uns dazu ein, uns ein ganzes Jahr dafür Zeit zu nehmen.

Eins möchte ich aber doch hier noch erwähnen: Während meiner Vorbereitungen zu diesem Artikel ist mir ein Vers besonders aufgefallen:
3. Johannes 2: „Mein Lieber, ich wünsche, dass es dir in allen Dingen gut gehe und du gesund seist, so wie es deiner Seele gut geht.“

Faszinierend, wie schon vor 2000 Jahren ein Bewusstsein dafür vorhanden war, dass es uns nicht nur äußerlich („in allen Dingen“) gut gehen kann. Auch Gesundheit ist in diesem Vers zwar von Bedeutung für das Glück, aber es ist nicht alles! Zu alledem gehört nämlich auch unbedingt, dass es der „Seele gut geht“. Auch darüber lohnt es sich, in Zeiten der „Volkskrankheit Burnout“ einmal nachzudenken.

Interessant ist, dass in diesem Vers vorausgesetzt wird, dass es der Seele gut geht. Dass liegt doch wohl daran, dass auch die Nähe Gottes einfach vorausgesetzt ist – oder?!

Wie spüre ich die Nähe Gottes?

Ich habe ja schon gesagt, dass das für jede und jeden von uns sehr persönlich ist, aber vielleicht helfen ja doch ein paar Hinweise (kein Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Gewähr! 🙂

  • Freude: Wie schon erwähnt, übersetzt Luther mit „Freude“. Dass Freude und Glück eng zusammengehören, ist sicher keine Überraschung. Wie wäre es aber, wenn wir Freude einmal als Zeichen der Nähe Gottes betrachten? Wie wäre es mit dem Perspektivwechsel: „Wenn ich mich freue, freut Gott sich mit!“
  • Beziehungen: Glück empfinden wir besonders intensiv in guten und gelingenden Beziehungen (Partner, Kinder, Familie, Freunde). Ist das aber nicht auch ein Gleichnis für die Glaubensbeziehung zu Gott, für seine Nähe?
  • Gottesdienst: Die Nähe Gottes spüre ich besonders im Gottesdienst. Dabei kommt es mir gar nicht darauf an, dass es ein besonderer, moderner, interessanter, lebendiger … Gottesdienst ist. Einfach nur da sein, in der Kirche sein, den Segen empfangen … das genügt schon.
  • Abendmahl: Für mich persönlich kommt all das zusammen im Abendmahl. Hier wird die Nähe Gottes sogar körperlich spürbar in Brot und Wein.
  • Beerdigung: Ja, richtig gelesen. So schwer es mir auch fällt, das zuzulassen, aber auch bei einer Beerdigung kann ich die Nähe Gottes spüren. Die Verse 23-28 aus Psalm 73 sind häufig Bestandteil der Bestattungsliturgie. Wie passt das zusammen? Können wir das glauben, dass unsere Gestorbenen endgültig in Gottes Nähe ankommen? Und für die Trauernden: liegt in der Nähe Gottes nicht auch ein großer Trost?

Das wirklich und wahrhaftig Gute erfahren wir in der Ewigkeit in Gottes Nähe. So verspricht es Gott in Offenbarung 21, 3–4:

Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.

Ich aber!

Jetzt kommen wir zum „Ich aber!“

Der vollständige Satz der Jahreslosung 2014 heißt eigentlich „Ich aber – Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ In diesem „Ich aber“ liegt für mich das große „Dennoch des Glaubens“. Natürlich spüren wir die Nähe Gottes nicht immer. Natürlich bleiben Fragen an ihn. Natürlich gibt es noch genug in unserem Leben, was wir Gott zu klagen haben. Liebe Leserinnen und Leser, denkt nur nicht, dass es mir dabei anders ergeht!

Trotzdem, dennoch! Ich aber – ich will auch im Jahr 2014 darauf vertrauen, dass Gott mir nahe ist. Ich aber – ich will auch, trotz alledem und alledem, im Jahr 2014 immer wieder neu die Nähe Gottes suchen.

Kommt ihr mit auf diesem Weg? Ich freue mich, wenn ihr in den Kommentaren schreibt, wo, wie, wann ihr Gottes Nähe ganz besonders gespürt habt.

Lechajim – für das Leben!
Liebe Grüße und bleib von Gott behütet!
Uwe

PS: Gerade, während ich das hier schreibe, stehen die Sternsinger vor der Tür! Jetzt haben wir einen Aufkleber auf der Haustür: 20*C+M+B+14. CMB bedeutet nicht etwa Caspar, Melchior, Balthasar, sondern ist eine Abkürzung der lateinischen Worte „Christus mansionem benedicat“ („Christus segne dieses Haus“). Eine wunderbare Erinnerung – jedes Mal beim Verlassen des Hauses und beim nach Hause kommen – dass Gott uns nahe ist.